Mordanklage erhoben
Berliner Palliativarzt soll noch mehr Patienten getötet haben
Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein bereits in Haft sitzender Arzt 15 Menschen umgebracht hat. Die Zahl der Opfer könnte aber noch erheblich steigen.
Veröffentlicht:Berlin. Ein bereits inhaftierter Berliner Palliativmediziner soll noch mehr Menschen getötet haben als zunächst angenommen.
Die Staatsanwaltschaft Berlin geht nach weiteren Ermittlungen derzeit von mindestens 15 Opfern aus und hat wegen Mordes Anklage erhoben, wie ein Sprecher der Behörde mitteilte. Die Zahl der Opfer könnte noch deutlich steigen: Die Ermittler überprüfen 75 weitere Fälle. Auch die „Berliner Zeitung“ berichtete.
Mit der Anklage strebt die Staatsanwaltschaft neben einer Verurteilung wegen Mordes die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld an sowie eine anschließende Sicherungsverwahrung. Zugleich geht es ihr um ein lebenslanges Berufsverbot für den Arzt.
Die Staatsanwaltschaft sieht nach monatelangen Ermittlungen niedrige Beweggründe und Heimtücke als Mordmerkmal. Zunächst hatte sie „Mordlust“ als Hintergrund für die Taten genannt. Davon rückte sie ab, da der Arzt ausschließlich Patienten getötet haben soll und nicht willkürlich andere Opfer aussuchte, wie der Sprecher erklärte.
Leichen wurden ausgegraben
Der beschuldigte Palliativarzt sitzt seit August 2024 in Untersuchungshaft. Damals war die Staatsanwaltschaft von vier Opfern ausgegangen. Im Laufe der Ermittlungen, bei denen auch Leichen ausgegraben und von Rechtsmedizinern untersucht wurden, stieg die Zahl der mutmaßlichen Opfer: erst auf acht, dann auf zehn - nun gehen die Ermittler von 15 aus. Die Zahl könnte sich weiter erhöhen, weil die Ermittlungen andauern.
Gleichwohl soll der Fall mit der Anklage nun vor das Landgericht Berlin kommen. Parallel wertet die eigens für den Fall eingerichtete Ermittlungsgruppe des Morddezernats im Berliner Landeskriminalamt (LKA) weitere Unterlagen von Patienten des Mediziners aus. Dabei spielen auch Hinweise von anderen - etwa Pflegediensten - eine Rolle.
Die Staatsanwaltschaft hat viele weitere Fälle untersucht. In 95 davon wurde ein Anfangsverdacht bejaht. In fünf Fällen hat sich nach den Angaben der Verdacht nicht erhärtet. In 75 Fällen dauern die Ermittlungen an, dabei sind noch fünf Exhumierungen geplant, wie es hieß.
Mehr als 40 mögliche Opfer
Ermittlungen gegen Berliner Palliativarzt: Überprüfung weiterer Fälle
Patienten „tödliches Gemisch“ verabreicht
Der Mediziner soll die Taten im Rahmen seiner Tätigkeit für einen Pflegedienst begangen haben. Die betroffenen Patienten befanden sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft zum Tatzeitpunkt nicht in einer akuten Sterbephase.
Die bislang bekannten Todesfälle reichen bis ins Jahr 2021 zurück. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft soll der heute 40-Jährige im September 2021 einer 25-Jährigen „ohne medizinische Indikation ein tödliches Gemisch verschiedener Medikamente“ verabreicht haben, um sie zu töten. So soll es auch bei späteren Fällen gewesen sein.
Brände bei Patienten lösen Ermittlungen aus
Ins Visier der Ermittler geriet der Mediziner, der in mehreren Bundesländern tätig war, zunächst wegen vier Fällen im Zeitraum vom 11. Juni bis 24. Juli 2024. In dieser Zeit soll er vier Menschen im Alter zwischen 72 und 94 Jahren in deren Wohnungen in Berlin getötet haben.
Ausgelöst wurden die Ermittlungen durch die Brände, die der Mediziner gelegt haben soll, um die Tötungen zu verdecken. Die Polizei ermittelte wegen Brandstiftung mit Todesfolge. Dabei geriet zunehmend der Arzt in den Fokus. Dazu beigetragen haben laut Staatsanwaltschaft Hinweise des Pflegedienstes, für den der Beschuldigte gearbeitet hatte. (dpa)