Gepanschte Krebsmedikamente

„Bottroper Zyto-Apotheker“ scheitert mit Verfassungsbeschwerde

Einer der größten Arzneimittelskandale in jüngerer Zeit ist gerichtlich nun endgültig erledigt. Die Verurteilung des Bottroper Zyto-Apothekers ist auch verfassungsrechtlich wasserdicht.

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Die „Alte Apotheke“ in Bottrop

Der Tatort: Die „Alte Apotheke“ in Bottrop. Hier hatte der frühere Besitzter aus Habgier massenhaft onkologische Infusionen unterdosiert zubereitet.

© Marcel Kusch / dpa / picture alliance

Karlsruhe. Der frühere Bottroper Apotheker Peter S. ist wegen massenhaft gepanschter Krebsmedikamente rechtmäßig zu einer zwölfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Essen konnte in nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass der Angeklagte in mindestens 14.564 Fällen ärztlich verschriebene Krebsmedikamente unterdosiert hat, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem heute (22. August) veröffentlichten Beschluss. Der verfassungsrechtliche Grundsatz, dass jede Strafe eine nachweisbare Schuld voraussetzt, sei nicht verletzt worden, so die Karlsruher Richter.

Peter S. hatte nach den Feststellungen des Landgerichts Essen zwischen Januar 2012 und November 2016 patientenindividuelle Infusionslösungen für die Krebsbehandlung hergestellt. Die Arzneimittel wurden an onkologische Praxen und Kliniken geliefert. Als zwei Mitarbeiter von Peter S. den Verdacht hatten, dass die Krebsmedikamente gestreckt wurden, informierten sie die Staatsanwaltschaft.

Das Landgericht Essen konnte in 66 Fällen die Unterdosierung konkret nachweisen. In weiteren 14.498 Fällen hatte das Gericht die Unterdosierung nur rechenweise feststellen können. Welcher Patient ein Krebsmedikament mit zu geringem Wirkstoffgehalt erhalten hatte und möglicherweise deshalb daran sogar verstorben ist, konnte nicht festgestellt werden.

Keine Grundrechte des Verurteilten verletzt

Mit den gesetzlichen Krankenkassen hatte der Apotheker die ärztlich verordneten Krebsmedikamente in ordnungsgemäßer Dosierung abgerechnet. Mit dem Gewinn aus der Unterdosierung habe er seinen privaten Lebensstil finanzieren wollen, so seinerzeit das Landgericht zum Motiv des Apothekers. Gericht verhängte eine zwölfjährige Freiheitsstrafe, unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in 14.564 Fällen. Es sprach zudem ein lebenslanges Berufsverbot aus und ordnete die Einziehung von Taterträgen in Höhe von 17 Millionen Euro an.

Die gegen das Strafurteil nun eingelegte Verfassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg. Auch wenn nicht in jedem Einzelfall die Unterdosierung nachweisbar sei, habe das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise die Zahl der Unterdosierungen bestimmt, so das Bundesverfassungsgericht.

Auch die Fälle, in denen der Apotheker die Herstellung der Arzneimittel Mitarbeitern überließ, müsse er sich anrechnen lassen. Denn er habe dies so angeordnet. Der verfassungsrechtliche Schuldgrundsatz, nach dem eine Strafe nur nach nachgewiesener Schuld erfolgen dürfe, sei nicht verletzt worden. Andere Grundrechtsverletzungen seien auch nicht erkennbar. (fl)

Bundesverfassungsgericht, Az.: 2 BvR 1373/20

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