Vorschau auf Agenda

Bundesverfassungsgericht urteilt 2021 über Masernimpfpflicht und Triage

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in diesem Jahr unter anderem über die Masernimpflicht, Zwangsbehandlungen in Privatwohnungen und Vorgaben für die Triage, so die Karlsruher Richter beim Jahresbericht 2020.

Von Martin Wortmann Veröffentlicht:
Gesundheitsthemen von hoher Bedeutung stehen auch 2021 auf der Agenda der Verfassungsrichter.

Gesundheitsthemen von hoher Bedeutung stehen auch 2021 auf der Agenda der Verfassungsrichter.

© Uli Deck / dpa / picture alliance

Karlsruhe. Masernimpfung, häusliche Krankenpflege und Maßregelvollzug – zahlreiche wichtige Gesundheitsthemen hat sich das Bundesverfassungsgericht für dieses Jahr vorgenommen. Das teilten die Karlsruher Richter anlässlich der Vorlage ihres Jahresberichts für 2020 mit. Auf dem Prüfstand steht auch die Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH), dass Leben, auch wenn es leidensbehaftet ist, niemals ein Schaden sein kann.

Bei den Masern geht es um die seit März 2020 geltende Impfpflicht für die Kinderbetreuung. Ohne Impfung oder Immunität dürfen die Kinder keine Kindertagesstätte oder Tagesmutter besuchen. Hiergegen liegen inzwischen vier Verfassungsbeschwerden vor. Zwei Eilanträge hatten die Karlsruher Richter bereits im Mai 2020 abgewiesen.

Im April 2019 hatte der BGH mit einem Urteil für Aufsehen gesorgt, wonach auch leidensbehaftetes Leben niemals ein „Schaden“ sein kann. Ein Sohn verlangte Schmerzensgeld für das nach seiner Auffassung unnötige Leiden seines inzwischen verstorbenen Vaters. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet nun über das abweisende Urteil des BGH.

Patientenverfügung im Maßregelvollzug

Heikel ist auch die Frage, inwieweit eine Patientenverfügung auch im Maßregelvollzug verbindlich ist. Der Beschwerdeführer wird mit Neuroleptika behandelt, obwohl er dies in einer Patientenverfügung abgelehnt hatte. Bereits 2017 hatte das Bundesverfassungsgericht auch dies vorläufig gebilligt. Die Behandlung habe bereits gewisse Erfolge gezeigt, ohne sie müsse der Beschwerdeführer wegen seiner Gefährlichkeit mit lebenslangem Freiheitsentzug rechnen.

Weiter prüfen die Karlsruher Richter die gesetzliche Regelung, wonach eine Zwangsbehandlung nur stationär in einer Klinik zulässig ist. Eine Betreuerin aus Bremen hat für einen ihrer Betreuten Verfassungsbeschwerde eingelegt. Er müsse lediglich bestimmte Medikamente einnehmen, damit sich sein Gesundheitszustand nicht verschlechtert. Ein Klinikaufenthalt sei dafür aber nicht erforderlich. Auch dies hatte im Eilverfahren zunächst keinen Erfolg.

Entlastung für Eltern bei Sozialbeiträgen

In weiteren Verfahren will das Bundesverfassungsgericht entscheiden, ob der Gesetzgeber Vorgaben für eine Situation der Triage machen muss und ob Eltern bei ihren Sozialbeiträgen etwa zur Krankenversicherung entlastet werden müssen. Auf dem Prüfstand steht zudem das Schiedsverfahren für ambulante Pflegedienste.

Wichtig für Kliniken in kirchlicher Trägerschaft wird eine Entscheidung, inwieweit kirchliche Arbeitgeber von ihren Beschäftigten die Kirchenmitgliedschaft verlangen können. Bislang hatte das Bundesverfassungsgericht hier das kirchliche Selbstbestimmungsrecht weit gefasst. Auf dem Prüfstand steht nun die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und indirekt auch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die diese Einstellungsvoraussetzung nur bei „verkündungsnahen“ Tätigkeiten zulassen wollen.

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