Urteil
Bundesverwaltungsgericht: Hustensaft darf nicht mit „ohne Alkohol“ beworben werden
Dass ein Hustensaft keinen Alkohol enthält, müssen Eltern und Alkoholkranke der Packungsbeilage entnehmen. Denn ein entsprechender Hinweis auf der Schachtel ist arzneimittelrechtlich unzulässig.
Veröffentlicht:Leipzig. Dass ein Hustensaft keinen Alkohol enthält, müssen Eltern und Alkoholkranke der Packungsbeilage entnehmen. Denn ein entsprechender Hinweis auf der Schachtel ist arzneimittelrechtlich unzulässig, wie das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschied.
Konkret ging es um Hustentropfen aus Thymiankrautextrakt. Bei dessen Herstellung wird das im Auszugsmittel enthaltene Ethanol fast vollständig wieder entfernt. Zucker enthalten die Tropfen nur insoweit, als er im Ausgangsstoff Thymian enthalten ist.
Auf Schachtel und Etikett warb der Hersteller daher mit dem Hinweis „Ohne Alkohol (Ethanol)/Ohne Zuckerzusatz“. Bei der Erstzulassung 2008 ging dies noch durch. Eine Verlängerung wurde 2015 jedoch an die Auflage geknüpft, die Ohne-Angaben zu streichen. Für die Packungsbeilage und die Fachinformation wurde stattdessen die Formulierung „Das Ethanol des Auszugsmittels wurde weitestgehend entfernt“ vorgeschlagen.
Fokus auf Pflichtinformationen
Mit seiner Klage argumentierte der Hersteller, der arzneimittelrechtliche Risikobegriff dürfe nicht auf die Risiken beschränkt werden, die unmittelbar aus den Inhaltsstoffen herrühren. Im Interesse der Arzneimitteltherapiesicherheit sei auch die Aufklärung über nicht bestehende Risiken wichtig.
Wie schon die Vorinstanzen folgte dem nun auch das Bundesverwaltungsgericht nicht. Dabei sprach es sich für eine „restriktive Zulassung“ freiwilliger Angaben aus. Andernfalls könnten diese überhandnehmen und gerade bei dem beschränkten Platz auf der Verpackung von den Pflichtinformationen ablenken.
„Die Angabe, ein Arzneimittel sei frei von einem bestimmten Stoff, steht vorbehaltlich besonderer Regelungen in Widerspruch zu dem System der arzneimittelrechtlichen Pflichtangaben und kann die sachgerechte Anwendung des Arzneimittels nicht fördern“, heißt es weiter in dem Leipziger Urteil.
Angabe ohne Aufklärungswert
Es reiche aus, dass in der Packungsbeilage die vollständige Zusammensetzung des Arzneimittels anzugeben ist. Den Patienten sei es zumutbar, dort nachzuschauen. „Ist ein Stoff dort nicht aufgeführt, kann die das Arzneimittel anwendende oder ihrem Kind verabreichende Person sich darauf verlassen, dass er nicht enthalten ist.“ Eine Angabe „ohne …“ sei daher auch für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten überflüssig.
Hier sei die Angabe „ohne Alkohol“ aber sogar unzutreffend, weil geringe Restmengen Ethanol (maximal 2,16 Milligramm je Einzeldosis) noch enthalten seien. Seit 1990 sei zudem ein Warnhinweis vorgeschrieben, wenn die Höchstdosis mindestens 0,05 g Ethanol enthält.
Der Angabe „Ohne Zuckerzusatz“ sprach das Bundesverwaltungsgericht einen Aufklärungswert schon deshalb ab, weil sich daraus nichts über den tatsächlichen Zuckergehalt entnehmen lasse. (mwo)
Bundesverwaltungsgericht, Az.: 3 C 28.22