Apotheker berichten

Cannabis auf Rezept wird immer stärker nachgefragt

Die Nachfrage nach medizinischem Cannabis steigt in Deutschland rasant an, berichten die Apotheker. Es werden immer mehr Rezepte eingereicht und immer größere Mengen abgegeben.

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Getrocknete Cannabis-Blüten können unter bestimmten Voraussetzungen auf BtM-Rezept verordnet werden.

Getrocknete Cannabis-Blüten können unter bestimmten Voraussetzungen auf BtM-Rezept verordnet werden.

© William Casey / stock.adobe.com

FRANKFURT/MAIN. Die Entscheidung kam einer Revolution im deutschen Gesundheitsmarkt gleich: Seit dem 10. März 2017 können sich Schwerkranke medizinisches Cannabis regulär beim Arzt verschreiben lassen, etwa für Schmerztherapien.

Bis dahin war medizinisches Cannabis in Deutschland eine Nische, nur rund 1000 Kranke hatten eine Ausnahmegenehmigung. Doch seit der Freigabe schießt die Nachfrage in die Höhe, zeigen Zahlen des Apothekerverbands ABDA.

Demnach wurden 2017 schon rund 44 000 Einheiten Blüten zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen ausgegeben. "Die Tendenz war von Quartal zu Quartal steigend, sowohl bei Rezepten als auch bei den Abgabeeinheiten", sagt Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekenkammer.

Hätten Apotheken im zweiten Quartal 2017 rund 4615 Rezepte mit 10 000 Einheiten Blüten verteilt, seien es im Schlussquartal über 12.700 Rezepte mit gut 18.800 Einheiten gewesen.

Die Freigabe habe jenen geholfen, die bisher eine Ausnahmeerlaubnis brauchten. "Patienten werden nicht mehr mit Dosierung und Anwendung alleine gelassen", sagt Kiefer. Auch sei medizinisches Cannabis nun leichter zugänglich und deutlich billiger.

Bionorica verdoppelt Umsatz seines Cannabis-Mittels

Von dem Boom profitiert auch der bayerische Arzneihersteller Bionorica. Bei seinem Cannabis-Mittel Dronabinol hat sich der Umsatz 2017 mehr als verdoppelt und die Zahl der Patienten fast verdreifacht – Tendenz steigend. Bionorica baut daher die Produktion aus.

Bisher wird der Medizinal-Cannabis vor allem aus Kanada und den Niederlanden importiert. Künftig aber will der Bund den Anbau hierzulande sichern. Eine Cannabis-Agentur unter dem Dach des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schreibt Aufträge an Unternehmen aus.

Es geht um die Lizenzen für 6600 Kilo medizinisches Cannabis, das über vier Jahre angebaut werden soll. Mehr als 100 Firmen sollen sich dafür beworben haben, heißt es, etwa zehn in die Endrunde kommen. Schon bald soll eine Entscheidung fallen. Die erste Ernte unter Staatsaufsicht ist 2019 geplant.

Die Marge für Firmen dürfte groß sein: Bei Herstellerkosten von wenigen Euro je Gramm dürfte der Apothekenpreis bei mehr als 20 Euro liegen.

Viele Ärzte sind aber bislang noch skeptisch. Weniger als 1000 Mediziner haben offenbar bislang Rezepte ausgestellt.

Ärzte müssen verschriebene Cannabis-Therapien umfangreich begründen. Welche Voraussetzungen, die für eine Verordnung cannabishaltiger Arzneimittel zu Lasten der GKV erfüllt sein müssen, und über besondere Pflichten verordnender Ärzte hat der Nürnberger Schmerzmediziner Dr. Michael A. Überall kürzlich ausführlich informiert. Er berichtete auch darüber, welche Patienten von einer solchen Therapie nach wissenschaftlichen Erkenntnissen profitieren.

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Auch bei den Krankenkassen hält sich die Begeisterung in Grenzen. Cannabis-Therapien kosten im Monat im Schnitt 540 Euro, so wird im neuen Gesetz veranschlagt.

Bei den drei mitgliederstarken Kassen AOK-Bundesverband, TK und Barmer gingen seit der Freigabe insgesamt schon über 15.700 Anträge ein. Auch die DAK-Gesundheit erklärte, die Zahl der Verschreibungen von Ärzten sei "sprunghaft gestiegen".

Die Kassen berichten von Anlaufproblemen, etwa fehlerhafte oder unvollständige Anträge. Ärzte müssen Cannabis-Verschreibungen genau begründen. Doch teils fehlt Wissen. Bei den vier großen Kassen wurden nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst rund ein Drittel der Anträge vorerst abgelehnt.

Auch Standesvertreter sind zurückhaltend. "Wir wissen noch viel zu wenig darüber, ob und wie Arzneimittel auf Cannabis-Basis wirken", erklärte Josef Mischo von der Bundesärztekammer.

In die Jubelarien von Cannabis-Firmen möchte er nicht einstimmen. Man müsse mit Studien "sehr genau" prüfen, ob Cannabis eine Alternative zu herkömmlichen Therapien sei – gerade angesichts der Hoffnungen vieler Kranker. (dpa)

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