In privater SMS

Chef muss sich Beschimpfung gefallen lassen

Unmutsäußerungen über den Chef in einer privaten SMS sind vom Recht der Meinungsfreiheit geschützt und kein Kündigungsgrund. Das gilt auch für Klinikärzte.

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MAINZ. Ein Klinikarzt darf grundsätzlich in einer privaten SMS an einen anderen Beschäftigten seinen Chef als "autistisches krankes Arschl..." bezeichnen, ohne dass dies zur Kündigung führen muss.

Denn die "vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet", entschied das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz in einem aktuell veröffentlichten Urteil.

Konkret ging es um die ordentliche Kündigung eines als Herzchirurg eingesetzten Oberarztes. Wegen eines Personalengpasses im Mai 2014 hatte dieser mehrere SMS an eine medizinisch-technische Operationsassistentin geschickt, ob sie stundenweise eine Rufbereitschaft übernehmen könne.

Als die Operationsassistentin - die frühere Lebensgefährtin des Herzchirurgen - zurückschrieb, dass mit dem Chef alles besprochen sei, antwortete der Herzchirurg offenbar im Glauben an eine vertrauliche Kommunikation: "Dann ist ja gut. Heute Morgen hat er nichts davon gesagt. Er ist und bleibt ein autistisches krankes Arschl... . Liebe Grüße".

Chefarzt sieht Autorität "massiv untergraben"

Doch die Operationsassistentin informierte den besagten "Chef" - ein Chefarzt - über die SMS und die darin enthaltene Beleidigung. Daraufhin kündigte die Klinik das Arbeitsverhältnis des Herzchirurgen. Die Autorität des Chefarztes sei "massiv untergraben" worden.

Zwischen Ober- und Chefarzt sei das Vertrauensverhältnis so stark belastet, dass "eine gewisse Gefährdung der Patienten" bei Operationen gegeben sei. Der Kläger habe auch damit rechnen müssen, dass die Op-Assistentin die SMS an den Chefarzt weiterleitet.

Das LAG erklärte die Kündigung für unwirksam. Bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses habe der Herzchirurg Anspruch auf ein "qualifiziertes wohlwollendes Zwischenzeugnis".

Grobe Beleidigungen des Vorgesetzten seien zwar eine ernste Sache und könnten sogar eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dennoch sei die Kündigung hier zu Unrecht ergangen.

Ausdruck der Persönlichkeit

Zur Begründung erklärten die Mainzer Richter, vertrauliche Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen unterfielen laut der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

"Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet."

Dabei dürften Arbeitnehmer regelmäßig darauf vertrauen, dass ihre Äußerungen nicht nach außen getragen "und der Betriebsfrieden beziehungsweise das Vertrauensverhältnis nicht zerstört" werde.

Hebe der Gesprächspartner die Vertraulichkeit später auf, "geht dies rechtlich nicht zulasten des Arbeitnehmers", so das LAG.

Hier habe der Herzchirurg darauf vertrauen können, dass seine SMS vertraulich bleibt. Nur weil die Op-Assistentin die Vertraulichkeit missachtet und "sich in einer für den Arbeitnehmer unerwarteten Weise indiskret verhalten" habe, sei die Störung des Betriebsfriedens eingetreten.

Selbst wenn man eine Pflichtverletzung des Klägers annehmen würde, hätte es im vorliegenden Fall nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch an einer Abmahnung gefehlt. (fl/mwo)

Az.: 3 Sa 571/14

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Kommentar

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 28.05.201522:21 Uhr

das zeigt wiedermal die besondere Liebesbeziehung zwischen Jurist und Arzt.

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