Digitalisierung
Deutschland bei DiGA-Verordnung führend, bei Gesundheitswissen hintendran
Der E-Health-Monitor des Beratungsunternehmens McKinsey stellt der Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ein gemischtes Zeugnis aus.
Veröffentlicht:Berlin. DiGA top, Gesundheitskompetenz flop: Der „E-Health-Monitor 2021“ des Beratungsunternehmen McKinsey, der am Donnerstag präsentiert wurde, stellt Deutschlands Weg in ein digitales Gesundheitssystem ein durchwachsenes Zeugnis aus. Während die Bundesrepublik bei der Zulassung und Erstattung digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) weltweit Vorreiter sei , gibt es laut Report vor allem bei der der Gesundheitskompetenz der Deutschen und bei der Fernbetreuung von Patienten noch deutlich Luft nach oben. Erst kürzlich hatte eine WHO-Studie ergeben, dass die Deutschen in puncto Gesundheitswissen anderen europäischen Nationen kräftig hinterherhinken.
McKinsey hat für den Report den Status quo anhand verschiedener Indikatoren und Dimensionen des Gesundheitssystems analysiert. Besonderen Fokus legten die Autoren Laura Richter und Tobias Silberzahn in diesem Jahr auf digitale Gesundheitslösungen, dafür wurden systematisch Erhebungen zu DiGA und Gesundheits-Apps gescreent. DiGA sind aus ihrer Sicht eine echte Erfolgsstory: Vor allem der Freigabe-Prozess durch das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sei international führend. 24 verordnungsfähige DiGA sind dort inzwischen gelistet. Besonders Länder wie Frankreich und Belgien schauten auf das deutsche Modell.
Nachholpotenzial bei der Kommunikation
Aber: Bis Juli dieses Jahres wurden nur 183.000 Downloads von neun DiGA durch die Nutzer registriert. Zum Vergleich: Laut Wissenschaftlichem Institut der AOK gab es im Jahr 2020 685 Millionen Verordnungen von Fertigarzneimitteln. „Die Skalierung braucht noch Zeit“, betont Silberzahn, für Gesundheitsthemen zuständiger Partner bei McKinsey.
Dabei seien mehr als die Hälfte der Bürger durchaus aufgeschlossen gegenüber digitalen Gesundheitsangeboten. Das zeigt sich vor allem darin, dass die Zahl der Videosprechstunden in 2020 um das 900-fache auf 2,7 Millionen gestiegen ist. Die behandelnden Ärzte sind kritischer: Fast die Hälfte befürchtet dadurch eine Verschlechterung der Arzt-Patienten-Beziehung.
Besonderes Nachholpotenzial attestiert der Monitor den Bereichen Kommunikation und Information. So hätten bis Ende vergangenen Jahres rund 40 Prozent der Versicherten noch nie von der elektronischen Patientenakte (ePA) gehört – und das, obwohl seit dem 1. Januar jeder Versicherte eine ePA bekommen kann. Auch das E-Rezept war im Sommer 2021 noch 63 Prozent der Versicherten unbekannt.
Positives Beispiel Telemedizin
Als positives Beispiel nannten die Autoren die Telemedizin: Über 90 Prozent der Praxen in der hausärztlichen Versorgung seien inzwischen an die Telematikinfrastruktur angeschlossen, heißt es im „E-Health Monitor“. Die Kommunikation zwischen Krankenhäusern und ambulanten Ärzten erfolge besonders bei den Entlassbriefen aber immer noch zu 95 Prozent analog auf Papier. Das sind sogar noch mal zwei Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr.
Der Report ist erstmals als Buch erschienen und umfasst neben Analysen auch Beiträge von 23 Gastautoren wie Gesundheitspolitiker und Hausärzte.