Die Klinik-Webcam zeigt: dem Baby geht's gut

Alles klar mit unserem Baby in der Klinik? Das beschäftigt Eltern von Frühchen sehr. Die Charité Berlin hat ihre Intensivstation für Neugeborene mit Webkameras ausgerüstet. Das soll auch die Eltern-Kind-Beziehung stärken.

Von Johanna Dielmann-v. Berg Veröffentlicht:
Über das Web kann Familie Torqulatti auch zuhause ihren Nachwuchs sehen.

Über das Web kann Familie Torqulatti auch zuhause ihren Nachwuchs sehen.

© Wiebke Peitz / Charité

BERLIN. Zartrosa schimmert seine Haut auf den blau-weißen Laken. Das Gesicht des Frühchens strahlt vor Zufriedenheit. Die Besuchszeit auf der Intensivstation der Klinik für Neonatologie ist vorbei, trotzdem kann Familie Torqulatti ihr Neugeborenes von zuhause aus sehen.

"Um die Beziehung zwischen Eltern und Kind zu stärken, haben wir die Betten auf der Intensivstation mit internetfähigen Kameras ausgerüstet", erklärt Dr. Hans Proquitté, Projektleiter und Oberarzt an der Klinik für Neonatologie.

So können Eltern, Geschwister und entfernt lebende Verwandte rund um die Uhr über Livestream im Internet verfolgen, wie sich das Neugeborene entwickelt.

Gemeinsames Projekt machte es möglich

Nach Absprache kann der Bildschirm auch Informationen zu Gewicht, Größe und Körpertemperatur anzeigen. Ein Passwort, das nur die Eltern kennen, schützt den Onlinezugang zu ihrem Nachwuchs.

Seit 2006 suchen Proquitté und Kollegen nach Wegen, Familien besser in die stationäre Betreuung der Frühchen einzubinden. "Indem wir die Eltern von Anfang an beteiligen, sollen sie sich im Umgang mit ihrem Kind sicherer fühlen", sagt der Oberarzt.

Mehrere Versuche, ein virtuelles Besuchsystem als Forschungsprojekt anzumelden, scheiterten. Erst durch ein gemeinsames Projekt mit der Barmer GEK und dem Systemhersteller mybabywatch GmbH gelang es, auch die Intensivstation mit modernen Kameras auszustatten.

Erfahrung bereits aus den USA

Auf der Nachsorgestation hat die Klinik bereits sehr positive Erfahrungen mit einem internetbasierten Beobachtungssystem gesammelt. Mehr als Dreiviertel der Eltern nutzen die Möglichkeit, ihr Kind auch über das Internet sehen zu können, schätzt Proquitté.

Ähnlich gute Ergebnisse liefern Studien aus den USA. So wiesen Charles Safran et al. bereits 2005  darauf hin, dass Eltern, die ein virtuelles Besuchsystem nutzen, mehr an der Pflege ihres Neugeborenen teilnehmen möchten (AMIA Annu Symp Proc. 2005; 2005: 659).

Großes Potenzial sieht er auch für sozial benachteiligte Familien. Sie interessierten sich besonders für Gesundheitsinformationen rund um die Kindesentwicklung, die sie online im System abrufen konnten.

"Die US-amerikanischen Daten deuten auch eine Verkürzung der Liegezeit an. Das halte ich aber bei unseren kurzen Liegezeiten für sehr ambitioniert", kommentiert Proquitté.

Eltern kommen nicht seltener in die Klinik

Entgegen erster Befürchtungen des Projektleiters führen die Onlinebesuche aber nicht dazu, dass die Eltern weniger in die Klinik kommen. "Eher im Gegenteil, die Eltern wenden sich verstärkt dem Kind auf der Station zu", so Proquitté.

Trotzdem muss eine Rund-um-die-Uhr-Beobachtung über das Internet mit gewissen Einschränkungen bewertet werden. Denn natürlich können die Eltern auf dem Bildschirm zuhause auch sehen, wenn es dem Kind schlechter geht. Diesem Problem begegnet Proquitté mit frühzeitiger Aufklärung.

Bevor sich die Eltern für das Beobachtungssystem entscheiden, erzählt er ihnen, dass die Mitarbeiter in sehr schwierigen Situationen die Kameras hochklappen oder ausschalten können.

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