Boehringer Ingelheim
Dieses Jahr soll es wieder bergauf gehen
Nach zwei schwierigen Jahren, in denen der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim Umsatzrückgänge hinnehmen musste, stehen die Zeichen nun wieder auf Wachstum. Unter anderem wird die ZNS-Forschung forciert und an lukrativen Biosimilars gearbeitet.
Veröffentlicht:INGELHEIM. Nach zwei schwierigen Jahren, in denen Boehringer Ingelheim Umsatzrückgänge hinnehmen musste, stehen die Zeichen nun wieder auf Wachstum. 2015 sollen die Verkäufe moderat zulegen.
Allerdings werden Aufwendungen für ein Kostensenkungsprogramm das Betriebsergebnis voraussichtlich stagnieren lassen. Bis Ende 2016 will der Konzern rund 500 Stellen streichen.
Bei der Bekanntgabe der Geschäftszahlen 2014 kündigte Vorstandschef Andreas Barner am Mittwoch weitere Neueinführungen an. 2014 habe man acht Zulassungen für neue Wirkstoffe aber auch Indikationserweiterungen erhalten.
Nach jetzigem Stand der Dinge deute alles darauf hin, so Barner, "dass 2015 in Bezug auf Markteinführungen ähnlich erfolgreich sein wird".
Endpunktstudie mit Empagliflozin
Ein Prüfstein dessen dürfte - zumindest im Heimatmarkt - Empagliflozin darstellen. Nachdem der Gemeinsame Bundesausschuss dem neuartigen oralen Antidiabetikum Anfang Februar keinen Zusatznutzen bescheinigt hatte, laufen jetzt noch bis Mitte August die Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband.
Bleiben sie fruchtlos, muss die Schiedsstelle entscheiden. Barner versicherte, wenn irgend möglich Empagliflozin im deutschen Markt halten zu wollen.
Dabei setzt der Konzernchef auch auf neue klinische Daten. Noch dieses Jahr wolle man Ergebnisse der ersten kardiovaskulären Endpunktstudie mit einem SGLT2-Hemmer vorlegen. Empagliflozin zählt derzeit zu den wichtigsten Innovationen Boehringers.
Von seinem Diabetes-Portfolio erhofft sich das Unternehmen nachhaltige Wachstumsimpulse. Das noch relativ junge Antidiabetikum Linagliptin (Trajenta®) etwa konnte 2014 um 37 Prozent auf 636 Millionen Euro Umsatz zulegen und war damit viertgrößtes Konzernprodukt. In Deutschland wird der Wirkstoff nach wiederholt negativer Nutzenbewertung nicht mehr angeboten.
Ebenfalls ein wichtiger Baustein in Boehringers Diabetes-Geschäft ist ein Biosimilar zu Insulin Glargin (Original: Lantus® von Sanofi). Der Nachbau wurde vergangenen September europaweit zugelassen und soll nun im Laufe des zweiten Halbjahrs unter dem Namen Abasaglar® in die Märkte kommen.
Verantwortlich für die Ausbietung ist Joint-Venture-Partner Eli Lilly. In Boehringers Entwicklungsstrategie gewinnen Biosimilars offenbar zunehmend Bedeutung.
Nach Angaben von Biotech-Vorstand Wolfgang Baiker stehen drei weitere Nachahmer rekombinanter Mega-Blockbuster in den Startlöchern: In der fortgeschrittenen Phase III würden derzeit eigene Versionen von Adalimumab (Humira®, Rheumatoide Arthritis), Bevacizumab (Avastin®, Krebs) sowie Rituximab (MabThera®, Krebs und Arthritis) getestet.
Als einen neuen F&E-Schwerpunkt neben Krebs, Stoffwechsel- sowie Immun- und Atemwegserkrankungen hob Konzernchef Barner ZNS-Erkrankungen hervor. Zwar ist Boehringer auf diesem Gebiet nicht völlig unbeleckt. Mit dem Dopaminagonist Pramipexol (Sifrol®) hat man Erfahrungen gegen Parkinson.
Aktuell jedoch arbeiten die Firmen-Forscher gleich an mehreren Kandidaten gegen neurologische Erkrankungen wie Schizophrenie oder Alzheimer. In diesen Indikationen, heißt es, habe man bereits die klinische Phase-II erreicht.
In einer Kooperation mit dem kalifornischen Unternehmen Circuit Therapeutics will Boehringer sich zudem die Optogenetik erschließen und auf dieser Basis eine neue Medikamentengeneration entwickeln, "beispielsweise für bisher schwer behandelbare Formen der Depression oder der Schizophrenie", so Barner.
Rückstellungen drücken Gewinn
Boehringer Ingelheim 2014: Der Umsatz nahm um fünf Prozent auf 13,3 Milliarden Euro ab. Zwei Punkte des Rückgangs waren Währungseffekten geschuldet. Preisdruck im US-Markt ließ die Erlöse des Hauptprodukts Spiriva® (Tiotropium) um acht Prozent auf 3,2 Milliarden Euro sinken.
Generische Konkurrenz für den Blutdrucksenker Micardis® (Telmisartan) kostete 17 Prozent Umsatz; das drittgrößte Konzernprodukt erlöste noch 1,1 Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn nahm um ein Prozent auf 2,1 Milliarden Euro zu. Der Jahresüberschuss ging infolge höherer Pensionsrückstellungen um 21 Prozent auf rund eine Milliarde Euro zurück.