Homöopathie & Co auf Kasse

Erster Selektivvertrag verbindet Schul- mit Komplementärmedizin

Der erste Selektivvertrag zur Integrativen Medizin soll Schul- und Komplementärmedizin im Versorgungsalltag gleichberechtigt ermöglichen. Die Teilnahme ist nur für bestimmte Arztgruppen möglich.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Die erste Krankenkasse in Deutschland hat den Schritt in einen Selektivvertrag für Integrative Medizin gewagt.

Die erste Krankenkasse in Deutschland hat den Schritt in einen Selektivvertrag für Integrative Medizin gewagt.

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Berlin. Zu Monatsbeginn ist der nach Angaben des Initiators, der MGL - Managementgesellschaft für Gesundheitsleistungen, erste Selektivvertrag Integrative Medizin gestartet. Teilnehmen können den Angaben zufolge Ärztinnen und Ärzte, die über eine Zusatzbezeichnung Naturheilverfahren und/oder einer Zusatzbezeichnung Homöopathie und/oder dem Homöopathie-Diplom (DZVhÄ) verfügen und kassenärztlich niedergelassen sind. Der Vertrag soll Schul- und Komplementärmedizin im Versorgungsalltag gleichberechtigt ermöglichen. So könne, wie MGL-Prokurist Tom Hoschäger auf Nachfrage der Ärzte Zeitung konkretisiert, mit individuellen Behandlungsplänen besser auf die spezifischen erkrankungsbedingten Bedarfe wie auch die Wünsche der Patienten eingegangen werden.

Der Vertrag ermögliche aus einem definierten Spektrum heraus die Kombination unterschiedlicher komplementärmedizinischer Verfahren, wie beispielsweise Phytotherapie, Ernährungstherapie, Homöopathie und physikalische Therapieansätze, aus einer ärztlichen Hand.Unabhängig von der Zugangsqualifikation stehe den teilnehmenden Ärztinnen und Ärzten das gesamte Spektrum der abrechnungsfähigen Therapieverfahren zur Verfügung. Neben regelmäßigen Anamnese- und Behandlungsplanungsleistungen stehe die eigentliche Behandlung im Umfang von sechs mal zehn Minuten pro Quartal á 20 Euro im Zentrum der Versorgung. Das Honorar werde jährlich automatisch entsprechend der Punktwertentwicklung im EBM angepasst.

Langfristig sollen Kosten bei Bagatellerkrankungen eingespart werden

Praxisseitig erfolge die Abrechnung extrabudgetär über ein Online-Tool ohne eigene Software oder per Nutzung einer geeigneten Abrechnungssoftware. Auch die Einreichung von Papierbelegen sei möglich. Manko: Bisher ist nach Hoschägers Angaben nur die Bergische Krankenkasse, die in NRW, Hessen und Hamburg geöffnet ist, mit im Boot. Der Beitritt weiterer Krankenkassen sei geplant, wie er versichert. Langfristiges Ziel – und auch ein Argument gegenüber Kassen – ist die Mobilisierung und Stärkung der Selbstbehandlungskompetenzen der Patientinnen und Patienten und dadurch langfristig Einsparungen von Behandlungskosten,insbesondere bei Bagatellerkrankungen. Zu der Anzahl der teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte macht die MGL nach eigener Aussage keine Angaben, zur Anzahl der teilnehmenden Patientinnen und Patienten könne sie dies schlicht nicht. Hoschäger: „Die Integrative Medizin ist stark bei Patientinnen und Patienten als auch bei Ärztinnen und Ärzten nachgefragt, da sie konventionelle ärztliche Medizin und ärztlich Komplementärmedizin verbindet. Das Potenzial und entsprechend die Nachfrage von Leistungserbringenden sowie Krankenkassen schätzen wir als groß ein.“ Wie bei der Teilnahme an Selektivgebühren üblich, zahlten teilnehmende Ärzte für das Vertragsmanagement sowie die Abrechnungsleistungen Gebühren, die mit dem erzielten Honorar zu bestreiten seien. Details verrät die MGL nicht.

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Kommentare
Dr. Elisabeth Arnold 22.07.202300:44 Uhr

Nachdem inzwischen die meisten Ärztekammern die Weiterbildung in Homöopathie gestrichen und eine Reihe von Krankenkassen die Kostenübernahme für Homöopathie wegen erwiesener Unwirksamkeit gestoppt haben,
erscheint ein solcher Selektivvertrag in Teilen wie aus der Zeit gefallen, zurück in das vergangene Jahrhundert!
Gerade haben wir die Coronapandemie hinter uns gebracht, die in aller Deutlichkeit zeigte, wie wichtig die wissenschaftliche, evidenzbasierte Medizin ist, aber die Aussicht, dass durch diese Art der Therapie zunächst wahrscheinlich ziemlich viel Geld gespart werden kann, ist hier wohl der ausschlaggebende Faktor. Die erfahrungsgemäß in vielen Fällen notwendigen "schulmedizinischen" Folgebehandlungen (wegen ungeeigneter Ersttherapie) müssen dann von der Solidargemeinschaft getragen werden, vom Schmerz und Leid für die betroffenen Patienten ganz abgesehen!

Dr. Mirko Berger antwortete am 27.07.202317:24 Uhr

Der persönlichen Ansicht der Kollegin Arnold über die Homöopathie seien folgende Fakten gegenübergestellt (Studien und Quellenangaben in (1)).

1.
Ein aktuelles Review wertet 310 kontrollierte Studien (RCTs) aus. Lediglich in einer Studie ist die Homöopathie der Placebobehandlung statistisch signifikant unterlegen. Alle 6 vorliegenden Metaanalysen von Homöopathiestudien zeigen nach Auswertung sämtlicher eingeschlossener Studien eine statistisch signifikante Wirksamkeit der Homöopathie über eine Placebowirkung hinaus.

2.
Diverser Erhebungen legen nahe, dass Homöopathie helfen kann Ressourcen im Gesundheitswesen einzusparen. Eine Studie erhebt eine längere Lebensdauer komplementärmedizinisch betreuter Patienten. Eine aufwändige Studie, durchgeführt von der Charité Berlin, dokumentiert die Kosteneffizienz der homöopathischen Behandlung bei Versicherten der TK mit Kopfschmerzen/Migräne, Asthma und Depressionen.

3.
Zu Folgeschäden durch Unterlassung im Rahmen einer homöopathischen Behandlung gibt es außer wagen anekdotischen Berichten keine Evidenz aus validen Erhebungen. Wer einseitig auf Risiken der Homöopathie fokussiert, sollte nicht vergessen: Nebenwirkungen („schul“-) medizinischer Maßnahmen sind die dritthäufigste Todesursache in den USA

Eine französische Kohortenstudie zeigte, dass bei Beschwerden des Bewegungsapparates die homöopathische der konventionellen Behandlung ebenbürtig ist – mit deutlich weniger Nebenwirkungen und einer relevanten Einsparung nebenwirkungsträchtiger Antiphlogistika. Studien bei Infektionen der Atemwege belegen die Wirksamkeit der homöopathischen Behandlung, die Verschreibung von Antibiotika konnte reduziert werden. Homöopathie kann helfen, die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen einzudämmen. So wird nicht nur die Solidargemeinschaft entlastet, sondern auch viel Leid erspart.

Zumindest mit Blick auf die Homöopathie rechtfertigen die vorliegenden Studiendaten die Etablierung komplementärmedizinischer Selektivverträge.

(1) www.faktencheck-homöopathie.de

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