Angeklagter im Transplantations-Prozess

Es gibt keinen Mangel an Spenderorganen!

Gibt es gar keinen Mangel an Spenderlebern? Der angeklagte Transplantationschirurg im Prozess in Göttingen sieht sogar ein Überangebot.

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Der Angeklagte sagte aus, dass es ein Überangebot an Spenderorganen für Patienten mit hohem MELD-Score gebe.

Der Angeklagte sagte aus, dass es ein Überangebot an Spenderorganen für Patienten mit hohem MELD-Score gebe.

© Swen Pförtner/dpa

GÖTTINGEN. Im ersten Prozess zum bundesweiten Transplantationsskandal hat der angeklagte Chirurg am Freitag bestritten, dass es einen Mangel an Spenderorganen gibt und auf der Warteliste stehende Patienten deshalb sterben.

„Das stimmt alles nicht“, sagte der frühere Leiter der Göttinger Transplantationschirurgie vor dem Landgericht Göttingen.

Tatsächlich gebe es ein Überangebot für Patienten, die mit einem hohen MELD-Score gelistet seien. Der MELD-Score ist der Vergleichswert, der den Schweregrad einer Lebererkrankung angibt.

Viele Transplantationszentren lehnten regelmäßig angebotene Spenderlebern ab, sagte der Angeklagte im Göttinger Prozess um manipulierte Wartelisten auf Spenderorgane am Freitag.

Als Arzt könne man "ganz ruhig" abwarten, bis das für seinen Patienten "beste Organ" angeboten werde, sagte Aiman O. bei der Fortsetzung des Prozesses vor dem Göttinger Landgericht.

Blutwerte optimiert?

Dass auch die Wohn- und Büroräume des Leiters der Abteilung Gastroenterologie und Endokrinologie durchsucht wurden, weil der Verdacht bestand, dass dieser an den Manipulationen beteiligt gewesen sein könnte, gehe unter anderem auf die Aussage einer Pflegedienstmitarbeiterin zurück, sagte der als Zeuge geladene Ermittlungsführer der Polizei.

Diese habe angegeben, ein Gespräch zwischen den beiden Medizinern mitgehört zu haben, in dem davon die Rede gewesen sei, dass die Blutwerte eines Patienten "optimiert" werden müssten.

Auch andere Klinikumsmitarbeiter hätten von Auffälligkeiten berichtet. So soll sich der Angeklagte bei anderen leitenden Ärzten erkundigt haben, ob es möglich sei, Ultraschall-Befunde zu ändern und Dialysen nachträglich zu erfassen.

Nicht für Dateneingabe zuständig

Keine Hinweise fanden die Ermittler darauf, dass der Angeklagte selbst falsche Daten an Eurotransplant übermittelte. Für die Dateneingabe waren zwei Mitarbeiter der Transplantationskoordination zuständig.

Diese hätten angegeben, dass ihnen die mutmaßlich falschen Angaben zu Dialyse-Behandlungen telefonisch vom Angeklagten durchgegeben worden seien, sagte der Zeuge.

Laut Anklage soll der Chirurg veranlasst haben, dass Patienten fälschlicherweise als Dialyse-Patienten gemeldet wurden, um eine höhere Dringlichkeitsstufe anzeigen zu können. Der Prozess soll Anfang September fortgesetzt werden. (pid)

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