Befreiung von Maskenpflicht
Falsche Corona-Atteste: Verfahren gegen Ärztin zieht weitere Kreise
Die Staatsanwaltschaft Göttingen prüft die Einleitung berufsrechtlicher Schritte gegen eine Ärztin, die unrichtige Corona-Atteste ausgestellt haben soll. Und es wird geprüft, ob sich auch die Patienten strafbar gemacht haben.
Veröffentlicht:Duderstadt. Das Ermittlungsverfahren gegen eine Ärztin aus Duderstadt (Kreis Göttingen) könnte noch weitere Kreise ziehen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Göttingen steht die Medizinerin im Verdacht, in mindestens 16 Fällen unrichtige Atteste ausgestellt zu haben, die eine Befreiung von der Maskenpflicht beinhalten. Die Polizei hatte deshalb in der vergangenen Woche die Praxis der Ärztin durchsucht und diverse Unterlagen beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft will nun prüfen, ob auch gegen die Inhaber der Atteste ein Ermittlungsverfahren eröffnet wird. Nicht nur das Ausstellen, sondern auch der Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse sei strafbar, sagte Behördensprecher Andreas Buick.
Die entsprechenden Vorschriften finden sich in den Paragrafen 278 und 279 des Strafgesetzbuches. Demnach werden Ärzte, die wider besseres Wissen unrichtige Gesundheitszeugnisse ausstellen, mit Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft. Wer von einem solchen Zeugnis Gebrauch macht, um eine Behörde oder eine Versicherungsgesellschaft über seinen Gesundheitszustand zu täuschen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.
Ärztekammer prüft Schritte
Die Ärztin ist seit vielen Monaten in der Coronaleugner-Szene aktiv und bei diversen Demonstrationen als Rednerin aufgetreten. Der Polizei war bei Kontrollen anlässlich dieser Kundgebungen aufgefallen, dass die von Teilnehmern vorgelegten Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht nahezu identisch waren. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft besteht der Verdacht, dass es sich bei den von der Duderstädter Medizinerin ausgestellten Attesten um Blanko-Atteste gehandelt hat. Man wolle nun prüfen, ob die betreffenden Personen überhaupt jemals in der Praxis gewesen und untersucht worden seien.
Die Ärztekammer Niedersachsen prüft die Einleitung berufsrechtlicher Schritte gegen die Ärztin. Die Kammer nehme Beschwerden sehr ernst und warne vor Gefälligkeitsattesten zur Befreiung von der Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, sagte Sprecher Thomas Spieker. Die Berufsordnung lege fest, dass der Arzt bei der Ausstellung ärztlicher Gutachten und Zeugnisse „mit der notwendigen Sorgfalt zu verfahren und nach bestem Wissen seine ärztliche Überzeugung auszusprechen“ habe. Zuwiderhandlungen stellten einen Verstoß gegen die Berufsordnung dar.
Spieker wies zudem darauf hin, dass auch Maskenverbote in Praxen nicht erlaubt seien. Ein Arzt gefährde damit nicht nur die Gesundheit seiner Patienten, sondern auch seine eigene. „Eine Arztpraxis ist kein Ort für politische Agitation“, sagte Spieker. Insgesamt gibt es nach Angaben der Ärztekammer aber nur wenige Beschwerden über Ärzte wegen vermeintlicher Corona-Leugnung. Bislang handele es sich um „wenige Einzelfälle im niedrigen zweistelligen Bereich“. (pid)