Landgericht Flensburg
Gericht klärt Haftung eines angestellten Durchgangsarztes und seiner Klinik
Ein angestellter Durchgangsarzt, der die ambulante Nachsorge eines Patienten übernimmt, handelte nicht als Klinikangestellter, sondern in seiner Rolle als Durchgangsarzt – und haftet allein, befand das Gericht.
Veröffentlicht:Flensburg. Auch ein angestellter Durchgangsarzt haftet persönlich für eine besondere ambulante Heilbehandlung, die er nach der berufsgenossenschaftlichen Erstversorgung selbst übernimmt. Wie das Landgericht Flensburg in einem inzwischen schriftlich veröffentlichten Urteil entschied, ist das Krankenhaus aber bei einer „stationären besonderen Heilbehandlung“ auch im Durchgangsarztverfahren mit im Boot.
Der klagende Baggerführer hatte schon 2004 durch eine traumatische Amputation seinen rechten Arm verloren. 2015 stürzte er bei einem folgenschweren Arbeitsunfall auf die linke Schulter. Nach der Erstversorgung und zwei stationären Operationen hatte die ambulante Nachsorge erneut ein bei der Klinik beschäftigter Durchgangsarzt übernommen.
Nach eigenen Angaben leidet der Kläger an einem Dauerschaden. Er benötige Hilfe bei sämtlichen Verrichtungen des täglichen Lebens, leide unter ständigen Schmerzen und einer psychischen Belastung.
Gericht wies Klage auf Schmerzensgeld ab
Mit seiner gegen die Klinik gerichteten Klage fordert er ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 30.000 Euro. Das Landgericht Flensburg wies die Klage nun ab. Hinsichtlich Erstversorgung und Nachsorge sei die Klinik nicht „passivlegitimiert“, sprich, soweit überhaupt ein Anspruch besteht, nicht zuständig. So handelten Durchgangsärzte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bei Diagnose und Erstversorgung in Ausübung ihres öffentlich-rechtlichen Amtes; daher hafte der Unfallversicherungsträger.
Im Streitfall habe nach den Operationen der Durchgangsarzt für die postoperative Nachsorge wieder eine „besondere ambulante Heilbehandlung“ angeordnet und diese dann selbst übernommen. Haftungsrechtlich bleibe die Unfallversicherung außen vor, weil es nicht mehr um die Erstversorgung gehe. Aber auch die beklagte Klinik müsse für mögliche Fehler nicht einstehen. Der Durchgangsarzt sei hier zwar auch bei der Klinik angestellt gewesen. Er habe sich die ambulante Nachsorge aber nicht als Klinikangestellter, sondern in seiner Rolle als Durchgangsarzt zugewiesen und entsprechend übernommen. Dafür hafte er dann alleine selbst.
Durchgangsarzt handelte in seiner Rolle als angestellter Klinikarzt
Für die Operationen dagegen habe ein „totaler Krankenhausvertrag“ vorgelegen. Dass der Durchgangsarzt auch bei der Klinik angestellt war, ändere daran nichts, betonte das Landgericht. Die Verträge zwischen Berufsgenossenschaften und Ärzten sähen eine stationäre Behandlung durch Durchgangsärzte nicht vor, und auch Abrechnungsregelungen gebe es nur zwischen Krankenhäusern und Berufsgenossenschaften.
Soweit hier der Durchgangsarzt an den Operationen beteiligt war, habe er daher in seiner Rolle als angestellter Klinikarzt gehandelt. Anderes könne nur bei hier nicht vorliegenden wahlärztlichen Leistungen gelten. Allerdings seien der Klinik hier keine haftungsrelevanten Fehler vorzuwerfen, befand das Landgericht. Die nur gegen die Klinik gerichtete Schadenersatzklage wies es daher insgesamt ab. (mwo)
Landgericht Flensburg, Az.: 3 O 324/16