2015
Gold ist schwer im Kommen
Der heimliche Gewinner des neuen Börsenjahres ist Gold. Im Januar hat das Edelmetall satte 16 Prozent zugelegt. Damit schlägt Gold selbst die gut laufenden deutschen und europäischen Aktienmärkte. Der Lauf könnte in den nächsten Monaten anhalten.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Es gibt wohl kaum eine Anlageklasse, die mit so vielen Emotionen verbunden ist, wie Gold. Entweder lieben es die Anleger oder sie hassen es.
In diesem Umfeld ist ein rationaler Umgang mit dem Edelmetall nicht gerade einfach. Das zeigt sich darin, dass die Gründe, warum der Goldpreis steigt, selbst vielen Goldfans kaum bekannt sind.
So etwa zeigten sich manche Finanzprofis erstaunt, dass Gold auf die Ukraine-Krise nicht reagierte - es sei doch das "Krisenmetall" par excellence.
Gold reagiert stets als Währung
Doch die einzige Krise, auf die Gold reagiert, betrifft die Stabilität beziehungsweise die Kaufkraft einer Währung: "Je mehr die Menschen bezweifeln, dass eine Währung ihre Kaufkraft behält, desto stärker steigt der Goldpreis in dieser Währung", sagt Claus Walter vom Freiburger Vermögensmanagement.
Zudem wird der Goldpreis vom Realzins beeinflusst. Das ist der Zins, den Anleger nach Abzug der Inflationsrate vom Nominalzins erhalten - also der tatsächliche Zins. Je niedriger der Realzins, desto attraktiver ist es, mit Gold die Kaufkraft abzusichern.
"Ist der Realzins sogar negativ, wie bei Bankkonten und vielen Anleihen, ist das Motiv, Gold zu kaufen, noch größer", so der unabhängige Vermögensverwalter.
Preisexplosion im Januar
Treffen die Sorge vor schwindender Kaufkraft und negativer Realzins zusammen, kann es zu einer regelrechten Preisexplosion kommen, so geschehen im Januar, als das Edelmetall gemessen in Euro 16 Prozent hinzugewann.
Dass die Preisexplosion viele Finanzprofis und Privatanleger auf dem falschen Fuß erwischt hat, liegt an zwei Dingen: Zum einen achten die Profis in aller Regel ausschließlich auf den Goldpreis in der Handelswährung, also in Dollar.
Artikel in der Finanzpresse für Privatanleger reflektieren dies jedoch selten, sodass Kleinanleger kaum mitbekommen, was sich beim in Euro denominierten Gold tut.
Charts zeigten früh Potenzial
Zum anderen sehen sich nur wenige Anleger Charts an. Doch zumindest in diesem Fall wäre es hilfreich gewesen.
Denn über das vergangene Jahr hinweg hatte sich der Goldpreis in einer sehr engen Spanne von 850 bis 990 Euro pro Feinunze bewegt, bis zuletzt kaum noch jemand über Gold sprach.
Ende 2014 war damit klar: Wenn Gold die Marke von 1000 Euro überwand, war ein neuer Aufwärtstrend sehr wahrscheinlich. Am 5. Januar war es so weit: Innerhalb von drei Wochen schoss die Feinunze um 150 Euro beziehungsweise 15 Prozent nach oben.
Gold ist auch in US-Dollar stark
"Allerdings wäre es zu kurz gegriffen, den Anstieg des Goldpreises rein von den Problemen in Euroland herzuleiten", sagt Rainer Laborenz vom Privatinvestor Vermögensmanagement in Offenburg.
Denn Gold hat auch in seiner Handelswährung Dollar deutlich zugelegt und zwar um acht Prozent. Damit ließ das Edelmetall im Januar die Performance von US-Aktien ebenso hinter sich wie die von US-Staatsanleihen.
Das Fazit für Laborenz: "Gold-Anleger aus Euroland haben im Januar von zwei Faktoren profitiert, einmal von einer echten Gold-Stärke in der Handelswährung, zum anderen von der Schwäche des Euro."
Draghi treibt Gold weiter nach oben
Wie könnte es nun weitergehen? Auch wenn Gold in Euro im Februar 100 Euro nachgegeben hat, ist der neue Aufwärtstrend intakt.
Für Claus Walter ist klar, dass das jüngst angekündigte Anleihekaufprogramm der EZB den Goldpreis in Euro tendenziell weiter steigen lassen wird.
"EZB-Präsident Mario Draghi pumpt vorerst über eine Billion Euro in den Markt. Das wird die Renditen der Anleihen weiter drücken. Davon profitieren Aktien und Gold", so der Vermögensverwalter.
Ähnlicher Ansicht ist auch Laborenz: "Wenn Geld, wie Herr Draghi suggeriert, angeblich beliebig vermehrbar ist, werden knappe Güter im Preis steigen - und Gold ist eines der knappsten Güter überhaupt."
Den Preis stützen sollte auch die wachsende Nachfrage aus Asien sowie die Schließung etlicher unrentabler Goldminen.
Anleger, die sich gegen die Geldschwemme und die Aufweichung der Euro-Währung wappnen wollen, kommen an Gold daher nicht vorbei.
Für Rainer Laborenz könnte Gold durchaus bis zu 15 Prozent im Depot ausmachen; als Mindestquote empfiehlt er fünf Prozent. Claus Walter rät zu einem Anteil zwischen fünf und zehn Prozent.
Stückeln zu einer Unze
Wer physisches Gold bei einem seriösen Händler wie etwa Proaurum oder Degussa erwerben möchte, sollte dies in Mindest-Stückelungen von einer Unze tun.
Der Grund: Ist die Stückelung kleiner, fließt ein unnötig höher Anteil in die Kaufgebühren.
Unabhängig vom jüngsten Preisanstieg empfehlen beide Vermögensverwalter Anlegern, Gold als ultimative Versicherung gegen Inflation zu sehen.
"Wenn die geldpolitischen Experimente der Notenbanken in eine weitreichende Geldentwertung münden, wird sich das sehr deutlich im Goldpreis bemerkbar machen", ist Claus Walter überzeugt.