Betriebssystem

Goodbye Windows XP

Im April 2014 stellt Microsoft seinen Support für das Betriebssystem Windows XP ein - was Arztpraxen vor große Probleme stellen könnte. Denn ab dann gibt es keine Sicherheitsupdates für die Praxis-EDV mehr.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Noch bleibt genügend Zeit für Praxen, um ihre Rechner mit einem neuen Betriebssystem aufzurüsten. An der Hardware müssen die Praxen dafür übrigens meist gar nicht schrauben.

Noch bleibt genügend Zeit für Praxen, um ihre Rechner mit einem neuen Betriebssystem aufzurüsten. An der Hardware müssen die Praxen dafür übrigens meist gar nicht schrauben.

© mkrberlin / fotolia.com

NEU-ISENBURG. Trotz der vielen Jahre, die Windows XP bereits auf dem Buckel hat - das System kam im Oktober 2001 auf den Markt -, ist es noch immer in vielen kleineren Betrieben und gerade auch in vielen Arztpraxen in Betrieb. Denn das System arbeitet zuverlässig und die Nutzer haben sich an die Oberfläche gewöhnt.

Und: Es gab vor allem keine Probleme mit der Einbindung der Praxissoftware in das System. Doch was viele Jahre für XP sprach, nützt den Praxen nun nichts mehr: Microsoft hat angekündigt, nach mehreren Verlängerungen der Support-Phase, diese nun unwiderruflich am 8. April 2014 einzustellen. Übrigens auch für Office 2003.

Damit fallen nicht nur Systemaktualisierungen weg, es wird auch keine technische Hilfe mehr geben, erklärt Microsoft in einer Mitteilung. Und was noch schlimmer ist: Es fallen auch die Sicherheitsupdates weg. Diese sind vor allem für Praxen wichtig, die mit ihrem Rechner auch online gehen.

BSI warnt vor Sicherheitslücken

Selbst das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) rät Nutzern spätestens ab dem 8. April 2014 auf ein neueres WindowsSystem oder ein Betriebssystem eines anderen Nutzers umzusteigen.

"Bekannte Schwachstellen werden damit nicht mehr geschlossen und können leicht von Angreifern ausgenutzt werden", beschreibt das BSI die Problematik.

"Windows XP basiert auf längst überholten Sicherheitsarchitekturen. Damit sind heutzutage Viren, Spyware, Malware-Angriffe, Botnet-Infektionen und schlimmstenfalls sogar Datenverlust vorprogrammiert", erklärt Stefan Schumacher, Direktor des Magdeburger Institut für Sicherheitsforschung in einer Pressemitteilung von Microsoft.

"Wer jetzt noch auf Windows XP unterwegs ist, ist enormen Gefahren ausgesetzt."

SafeNet-Anschluss rettet Praxen nicht

Wie gesagt, für Praxen, die mit dem Praxis-Rechner online gehen, stimmt das auch. Denn die Programmierer von Schadprogrammen stehen bereits in den Startlöchern. Und selbst jetzt, wo es noch Sicherheitsupdates gibt, werden Sicherheitslücken immer erst im Nachhinein geschlossen - also dann, wenn Angreifer sie bereits für sich erspäht haben.

Das Problem: Mit der Pflicht zur Online-Abrechnung kommen Ärzte gar nicht mehr umhin, in irgendeiner Form online zu gehen. Nur ein sicheres KV-SafeNet nützt nichts, wenn das Betriebssystem auf dem Praxisrechner große Sicherheitslücken hat. Denn es braucht ja erst einmal einen sicheren Zugang zum Internet, um dann über den Router den sicheren Tunnel zum SafeNet aufzubauen.

Doch es gibt noch eine Frage, die sich die Praxen stellen müssen: Wird die Praxissoftware weiter unter XP laufen, wenn Microsoft seinen Support einstellt?

Dass Microsoft in seiner Mitteilung warnt: "Auch Drittanbieter von Software-Anwendungen stellen den Support kontinuierlich ein oder bieten diesen nur noch kostenpflichtig an", ist nicht verwunderlich. Aber wie sieht die Realität für die Praxen aus?

Es kommt auf das genutzte System an. Jens-Uwe Bäker von Turbomed erklärt, dass das Ende des XP-Supports bei Microsoft nicht automatisch bedeute, dass auch Turbomed dann nicht mehr unter Windows XP laufe.

Bäker: "Turbomed achtet schon immer darauf, ältere Betriebssysteme - so lange es technisch und aus Sicht der Datensicherheit vertretbar ist - zu unterstützen."

Die Software sei aktuell noch für Windows XP (mit ServicePack 3) freigegeben, ebenso wie für Windows 7 und für das aktuelle Windows 8. "In den Turbomed-Updates sind immer alle notwendigen Komponenten - auch die von Drittanbietern - für einen reibungslosen Betrieb unter den freigegebenen Betriebssystemen enthalten."

Was passiert mit der Arztsoftware?

Ähnliches ist aus dem Hause Duria zu hören. "Unsere Caché Datenbank läuft unter XP. Unsere grafische Oberfläche und auch das neue KBV Prüfmodul auf Basis Java 1.7 laufen unter XP", sagt Duria-Geschäftsführer Dr. Erich Gehlen. Probleme mit dem Support-Ende durch Microsoft habe die Arztsoftware Duria also nicht.

Bei Medistar steht hingegen bereits fest, dass das Systemhaus mit dem Ende des Microsoft-Supports für Windows XP SP3 und Office 2003 auch die Freigabe seiner Arztsoftware für diese Produkte beenden wird.

Wie Produktmanager Wolfgang Krück berichtet, habe auch die Hausärztliche Vertragsgemeinschaft (HÄVG) bereits mitgeteilt, zu diesem Zeitpunkt kein Prüfmodul mehr für Windows XP SP3 zur Verfügung zu stellen.

Die Auswirkungen auf die Praxissoftware kann Krück zwar noch nicht genau benennen. Es könnte aber eventuell zu Problemen kommen, bedingt durch Änderungen an Softwaremodulen im Rahmen der Produktpflege bei Medistar, durch Programme anderer Hersteller, die über Schnittstellen mit Medistar verbunden sind oder durch Software, die die Anbieter im Rahmen gesetzlicher Änderungen liefern müssten, wie etwa Prüfmodule.

Die Investition hält sich in Grenzen

Nichtsdestotrotz raten alle drei Anbieter den Praxen, ihre EDV-Anlagen - regelmäßig - auf den aktuellen Hard- und Softwarestand zu bringen. Und dazu gehört auch das Betriebssystem. Genug Zeit hätten die Praxen noch.

Dabei ist gar nicht unbedingt eine größere Investition in die Hardware nötig - je nachdem, über welche Rechnerleistung die Praxen verfügen. Für den Umstieg auf Windows 7 wäre etwa ein Festplattenspeicher von 50 GB sinnvoll. Außerdem braucht es einen 1-GHz-32-Bit-Prozessor bzw. für die 64-Bit-Versionen einen 1-GHz-64-Bit-Prozessor.

Der Vorteil von Windows 7 ist, dass sich die Nutzeroberfläche noch nicht so sehr von XP unterscheidet, dass die Anwender sich komplett neu orientieren müssen.

Anders sieht das beim Umstieg auf Windows 8 aus, dessen Kachel-Oberfläche der von Tablet-PC angepasst ist und das eigentlich für Touchscreen-Monitore ausgelegt ist. Hier müssen sich die Anwender erst einmal an die neue Optik gewöhnen.

Von den Systemanforderungen wird aber nur geringfügig mehr als bei Windows 7 verlangt. Am einfachsten klappt der Umstieg, wenn die Praxis ohnehin vorhat, ihre Rechner auszutauschen oder aufzurüsten, denn mit der neuen Hardware werden meist auch Vollversionen der Betriebssysteme mitgeliefert.

Schleunigst umsteigen sollten Praxen, die sogar noch mit Windows 2000 arbeiten. Denn das neue KBV-Prüfmodul läuft laut Erich Gehlen nur noch unter Java 1.7 (JRE) - und das wiederum läuft nicht auf Windows 2000 Rechnern. "In diesen Fällen steht dann zwingend ein Betriebssystemwechsel bevor", so Gehlen.

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