Mangelhafte Überwachung im Aufwachraum

Kind stirbt nach Operation: Bewährungsstrafe für Ärzte

Ein Dreijähriger stirbt, nachdem ihm in Kassel ambulant Polypen entfernt wurden. Die zwei Ärzte akzeptieren wegen Behandlungsfehlern einen Strafbefehl und eine Geldbuße von je 5.000 Euro.

Veröffentlicht:
Schild der Staatsanwaltschaft Kassel

Die Staatsanwaltschaft Kassel hat die Strafbefehle gegen den HNO-Arzt und den Anästhesisten beantragt.

© Swen Pförtner/dpa

Kassel. Nachdem ein dreijähriges Kind nach einer Operation in einer Kasseler Arztpraxis gestorben ist, sind zwei Ärzte wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen per Strafbefehl zu je acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Kassel müssen beide Männer zudem eine Geldbuße in Höhe von jeweils 5.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.

Die Staatsanwaltschaft hatte einem Sprecher zufolge beim Amtsgericht Kassel gegen beide Männer jeweils einen Strafbefehl beantragt. Die Vollstreckung der Bewährungsstrafen wurde demnach bereits 2024 eingeleitet. In dem Fall kommt es somit nicht zu einer öffentlichen Hauptverhandlung. Zuvor hatte der „Hessische Rundfunk“ (hr) darüber berichtet.

Tod nach Komplikationen

Dem kleinen Jungen waren im April 2021 unter Vollnarkose in der Praxis des HNO-Arztes im Rahmen einer ambulanten Operation Polypen entfernt worden. Im Aufwachraum kam es zu Komplikationen. Im Strafbefehl wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft festgestellt, dass der damals 58 Jahre alte HNO-Arzt sowie der damals 66-jährige Anästhesist „pflichtwidrig und behandlungsfehlerhaft versäumt hatten, den Aufwachraum mit der erforderlichen personellen und apparativen Ausstattung zu versehen“.

Insbesondere sei während des Aufenthalts des Patienten im Aufwachraum zu keinem Zeitpunkt eine Erhebung von Vitalparametern wie eine Überwachung der Sauerstoffsättigung, Herzfrequenz und Herzrhythmus, des Pulses und Blutdrucks erfolgt. Bei ordnungsgemäßer personeller und apparativer Ausstattung des Aufwachraumes und entsprechender Überwachung des Patienten hätte dessen reanimationspflichtiger Zustand sofort bemerkt und entsprechende Rettungsmaßnahmen unverzüglich eingeleitet werden können. So hätte das Leben des Jungen laut Strafbefehl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet werden können.

Beschuldigte zeigten Einsicht und Reue

2023 hatte die Staatsanwaltschaft Anklage gegen die beiden Mediziner wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen erhoben. „Die Rücknahme der Anklage war insbesondere dem Umstand geschuldet, dass die Angeschuldigten sich nach Anklageerhebung einsichtig und von Reue getragen zeigten“, erklärte nun der Sprecher der Behörde. „Nach hiesiger Einschätzung stand nicht zu erwarten, dass die Durchführung einer Hauptverhandlung zu einem höheren Strafmaß geführt hätte.“

Das Strafbefehlsverfahren könne als eine Art Verurteilung im Schriftwege bezeichnet werden, erläuterte er. „Die rechtskräftige Ahndung einer Straftat im Strafbefehlswege steht einer rechtskräftigen Verurteilung gleich.“ Der Unterschied beider Entscheidungsformen sei lediglich der Weg zur Entscheidung. Einspruch gegen die Strafbefehle sei nicht erhoben worden. Die verhängten Bewährungsstrafen seien somit rechtskräftig. (dpa)

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