Antibiotika-Studie

Kritik an der falschen Stelle?

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BERLIN. Der Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) wehrt sich gegen die Kritik der BKK-Verbände Nordwest und Mitte, Ärzte würden zu häufig Antibiotika verordnen, ohne deren Wirksamkeit zu prüfen. Laut einer BKK-Studie, die in der Funkemediengruppe veröffentlicht wurde, solle dies auf 95 Prozent der Fälle zutreffen.

Hier ein flächendeckendes Antibiogramm für alle Verdachtsfälle zu fordern, sei "schon ein spezieller Fall von Heuchelei", moniert der SpiFa-Vorstandsvorsitzende Dr. Dirk Heinrich.

Gerade die Kassen würden die steigenden Laborkosten immer wieder als "unnötig verordnete Leistungen" bezeichnen und Ärzte regelmäßig mit Regressen bedrohen. Heinrich: "Seit Jahren weigern sich die Krankenkassen beispielsweise, Streptokokken-Schnelltests zu bezahlen." (eb)

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Kommentare
Thomas Georg Schätzler 21.08.201620:02 Uhr

BKK-Antibiotika-Studie unwissenschaftlich!

Da fehlt dem BKK-Landes-Vorstand offensichtlich der wissenschaftliche Hintergrund, zumindest zur Erlangung der Heilkunde-Erlaubnis. Einfach Diagnosen nach ICD 10 GM eingeben, mit den verordneten Antibiotika "matched pairs" bilden, einmal grob umrühren und o h n e Verlaufsbeobachtung bzw. pharmako-epidemiologisch differenzierte Reflexion Hausärzte-Bashing betreiben?

Richtige Versorgungsforschung sieht anders aus! Drei wesentliche Faktoren:

1. Hausärztinnen und Hausärzte werden häufig mit fachärztlichen Vorverordnungen konfrontiert: Standard-Penicillin, Amoxycillin. Leider häufig unwirksam bei primär resistenten Keimen und nur dem Hausarzt bekannten Allergien oder Schluck-Hindernissen. Gerne nehmen HNO-, Zahn- und andere Gebietsärzte auch selten wirklich wirksames Tetrazyclin oder Co-Trimoxazol aus falsch verstandener Sparsamkeit (Budget-Zwang der Krankenkassen!).

2. Fragwürdige Antibiogramme und Schnelltests: Diese sind infektiologisch wünschenswert und sinnvoll. Sie wirken aber nur ex post, also nach ihrer Durchführung, mit viel zu geringer Sensitivität und Spezifität bzw. oft inakzeptabler Verzögerung des Therapie-Beginns. Streptokokken Schnelltests bringen bei über 50 Prozent symptomlosen Keimträgern und Dauerausscheidern in Kindergärten, Schulen und Weiterbildungs-Einrichtungen nichts. Und Antibiogramme, CRP und Procalcitonin will die Gesetzliche Krankenversicherung im ambulanten Bereich einfach nicht finanzieren.

3. Aus jedem banalen Virus-Infekt kann, wie z. B. bei der Influenza, eine spätere bakterielle Sekundärinfektion getriggert werden. Jede bakterielle Pneumonie hat mal als scheinbar harmlose "Erkältung" begonnen. Dabei auf den zusätzlichen Einsatz von Antibiotika zu verzichten, wäre grob fahrlässig.

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund (z. Zt Bergen aan Zee, NL)

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