Boni und Co
"Medizinische Qualität muss Priorität haben"
Keine Bonuszahlungen mehr für bestimmte Leistungsmengen: Die DKG will ihre Muster- Chefarztverträge nun anpassen. Bonuszahlungen für viele andere rein ökonomische Erfolge bleiben aber weiter bestehen. Die Kritik daran wächst.
Veröffentlicht:BERLIN. Operieren für den Bonus? Eine erfolgs- und leistungsabhängige Bezahlung von Chef- und zunehmend auch von Oberärzten ist nach dem Transplantationsskandal in Göttingen und Regensburg verstärkt in die Kritik geraten.
Nach dem Spitzengespräch zu den Manipulationsvorwürfen Ende August hat die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) nun eine Anpassung der Muster-Chefarztverträge angekündigt.
Die DKG wollte am Dienstag in der Vorstandssitzung die Änderung der Chefarzt-Musterverträge vornehmen, wie die "Ärzte Zeitung" auf Anfrage im Vorfeld erfuhr. Damit sollen finanzielle Anreize durch Bonuszahlungen für bestimmte Leistungsmengen abgeschafft werden.
Neben dem Erreichen von bestimmten Leistungsmengen gibt es in den Chefarzt-Musterverträgen allerdings noch eine ganze Reihe von weiteren rein ökonomischen Zielen. Diese bleiben in den Chefarzt-Musterverträgen nach Angaben des DKG-Sprechers weiter bestehen.
"Viele Krankenhäuser verwenden die Muster der DKG", sagte Stefanie Gehrlein, Justiziarin des Marburger Bund Bundesverbandes (MB), auf dem Deutschen Medizinrechtstag vergangene Woche in Berlin.
Die Konsequenz: Viele Fehlanreize in Form von Gehaltszulagen für wirtschaftliche Erfolge wie zügige Patientenbehandlung oder etwaige Einsparungsvereinbarungen werden fürs Erste nicht beseitigt.
"Um die bestehenden Vorwürfe aus dem Weg zu räumen, müssten aber Bonuszahlungen, wenn nicht komplett abgeschafft, dann zumindest an qualitätsorientierte Kriterien geknüpft sein", sagte sie.
Boni machen große Teile des Gehalts aus
Das fordern auch weite Teile der Ärztevertretung. Der 115. Ärztetag hatte die Klinikträger bereits aufgefordert, auf rein ökonomisch orientierte Anreizmechanismen zu verzichten.
Bonuszahlungen sollten sich vor allem an medizinisch-qualitativen Kriterien orientieren, um eine "Stückzahlen-Mentalität" zu vermeiden, so der Ärztetag. Gehaltszulagen für ökonomische Erfolge seien mit der ethischen Verpflichtung eines Arztes unvereinbar.
Kliniken sollen den wirtschaftlichen Erfolg ihrer leitenden Mediziner nicht mehr belohnen und damit die berufsrechtlich gebotene ärztliche Unabhängigkeit von medizinischen Entscheidungen gefährden, hat zuletzt auch der Marburger Bund gefordert.
Die Boni werden aber bisher in der Regel ausgeschüttet, wenn quantitative Zielgrößen - Fallzahlen, Belegung, Case-Mix-Index - erreicht werden und das Kosten- und Erlösbudget eingehalten wird, wie eine Erhebung der Personalberatung Kienbaum gezeigt habe.
Die MB-Justiziarin nannte auf dem Medizinrechtstag zwei Beispiele aus der Praxis.
Ökonomische Ziele machten bei einem Chefarztvertrag eines kirchlichen Krankenhausträger rund 95 Prozent aller Zielvereinbarungen aus. Nur fünf Prozent bezogen sich auf die Versorgungsqualität.
Der Gesamtverdienst eines Oberarztes in der Gynäkologie bei einem privaten Krankenhausträger setze sich aus einem Grundgehalt von rund 100.000 Euro und weiteren 30.000 durch Bonuszahlungen bei bei Erreichung ökonomischer Zielgrößen.
"Das ist ein beträchtlicher Anteil an der Gesamtvergütung", kritisierte Gehrlein - und müsse vermieden werden.
Der Bonus sollte so gestaltet sein, dass er keine maßgeblichen Anteil an der Gesamtvergütung ausmache und so bestimmenden Einfluss auf das Verhalten des Arztes erlangen könne.