Tx-Prozess in Göttingen

"Na, dann setzen wir Sie mal hoch"

Im Prozess um den Göttinger Transplant-Skandal hat sich das Gericht jetzt mit mutmaßlichen Manipulationen beschäftigt. Eine Patienten beschreibt, wie sie binnen zwei Tagen ein zweites Lebertransplantat bekommen hat.

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Uniklinik Göttingen.

Uniklinik Göttingen.

© Stefan Rampfel / dpa

GÖTTINGEN. Im Prozess um den Transplantationsskandal am Göttinger Universitätsklinikum hat am Montag vor dem Landgericht Göttingen eine Patientin ausgesagt, bei der es zu Datenmanipulationen gekommen sein soll. Die heute 52-jährige Lehrerin aus Holzminden hatte im Sommer 2010 im Göttinger Uni-Klinikum eine neue Leber bekommen.

Nach der Transplantation sei es jedoch zu Abstoßungsreaktionen und anderen Komplikationen gekommen, berichtete sie. Sie habe dies darauf zurückgeführt, dass das Organ nicht geeignet gewesen sei.

Weil es ihr immer schlechter ging, stellte sie sich im Mai 2011 erneut in der Universitätsmedizin vor. Der Angeklagte habe erklärt, dass sie mit ihren aktuellen Laborwerten keine Aussicht auf ein Spenderorgan habe.

"Na, dann setzen wir Sie jetzt hoch", habe der Chirurg dann gesagt. Sie werde innerhalb von 48 Stunden ein neues Organ bekommen. Zwei Tage später habe sie dann zum zweiten Mal ein Transplantat erhalten.

Die Staatsanwaltschaft hat den ehemaligen Leiter der Transplantationschirurgie wegen versuchten Totschlages in elf Fällen und vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen angeklagt.

Sie wirft dem Mediziner unter anderem vor, durch die Meldung manipulierter medizinischer Daten an die Stiftung Eurotransplant Patienten als kränker dargestellt zu haben, als sie tatsächlich waren, damit sie schneller eine Spenderleber zugeteilt bekamen.

Die 52-jährige Patientin gab an, dass sie sich damals nicht gefragt habe, was der Transplantationschirurg mit seiner Aussage gemeint haben könnte. Sie sei aber davon ausgegangen, dass sie auf der Liste von Eurotransplant nach oben gesetzt werden sollte.

Diese richtet sich bei der Zuteilung von Organen unter anderem nach dem MELD-Score, der anhand bestimmter Laborwerte ermittelt wird. Laut Anklage hatte die Patientin 2010 noch einen MELD-Score von 10, kurz vor der zweiten Transplantation sei sie mit einem MELD-Score von 40 gemeldet gewesen.

Der angeklagte Chirurg erklärte dazu, dass die Patientin auf der klinikumsinternen Liste für mögliche Zentrumsangebote nach oben gesetzt werden sollte. Dass es eine solche hausinterne Liste gab, war der Zeugin nach deren Angaben damals allerdings gar nicht bekannt gewesen.

Erst als sich Monate später die Polizei bei ihr meldete, erfuhr sie, dass sie außerdem als dialysepflichtig gemeldet worden war. Sie habe aber nie eine Dialyse bekommen, erklärte sie.

Die 52-Jährige hatte sich erstmals Anfang 2010 ans Göttinger Klinikum gewandt, nachdem sich infolge einer Hepatitis-C-Erkrankung eine Leberzirrhose entwickelt hatte. Ihr Bruder hatte damals angeboten, ihr einen Teil seiner Leber zu spenden.

Sie sei dann völlig überrascht gewesen, als sie mehrere Wochen vor dem geplanten Termin zur Lebendspende nachts einen Anruf erhielt, dass es eine Spenderleber eines Verstorbenen für sie gebe. (pid)

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