Elektronische Patientenakte
„Nutzen entsteht nur durch Nutzung“
Der Aufklärungsbedarf bei Ärzten zur elektronischen Patientenakte ist hoch. Das hat eine hochbesetzte virtuelle Veranstaltung in der KV Nordrhein gezeigt.
Veröffentlicht:Düsseldorf/Berlin. Wie kann eine elektronische Patientenakte (ePA) über die Praxis-EDV bedient werden? Welchen zusätzlichen Aufwand haben Ärzte, die Akte mit Inhalten zu füllen? Wie wird dieser Aufwand vergütet? Viele Fragen zur ePA treiben Ärzte im Vorfeld ihrer Einführung um. Das zeigte der Livestream „ePA Dialog“, bei dem Experten der gematik, des Health Innovation Hubs und der KV Nordrhein live im Internet diskutierten. „Nahezu die gesamte Ärzteschaft sieht sich nicht hinreichend informiert über die elektronische Patientenakte“, bemerkte KVNO-Vorstandsvorsitzender Dr. Frank Bergmann zu Beginn der Veranstaltung.
Dr. Karsten König, KV-Vize, äußerte die Hoffnung, dass die Akte „nicht mehr an Arbeit“ bringen werde. Statt Befunde per Post zuzuschicken, würden diese in Zukunft in Kopie in der elektronischen Patientenakte abrufbar sein. Er sehe die chronisch kranken Patienten vor sich, bei denen es „ein Segen wäre, wenn alle Befunde zeitnah da sind“, erläuterte König.
Wie ein solcher Prozess des Herunterladens aus der und des Hochladens in die ePA in der Praxis-EDV aussehen könnte, präsentierte Charly Bunar von der gematik beim Livestream. Von der noch relativ unstrukturierten ePA 1.1 werde man in den Folgeversionen auch vermehrt mit strukturierten Daten arbeiten, zum Beispiel mit dem Impf- und Mutterpass sowie dem Zahnbonusheft und dem Kinderuntersuchungsheft, die bereits mit der KBV als Medizinische Informationsobjekte (MIO) konzipiert seien. Später sollten auch Digitale Gesundheitsanwendungen integriert werden.
Dr. Philipp Stachwitz, Anästhesist und Schmerztherapeut und im Health Innovation Hub Director Medical Care, appellierte an die Ärzte, das neue Instrument in der Praxis auch auszuprobieren: „Nutzen entsteht nur durch Nutzung“, betonte er. Die Gesundheitsversorgung finde verteilt statt in vielen verschiedenen Praxen und Kliniken, aber die Medizin sei noch nicht vernetzt. Zurzeit seien so die Patienten dafür zuständig, dass ihre Daten aus ihrer Behandlung beim Arzt, wo sie gebraucht werden, auch vorhanden sind. Diese Rolle sei ihnen aber häufig gar nicht bewusst.
Stachwitz begrüßte, dass Ärzte für den Aufwand, die Daten in die ePA einzustellen auch honoriert würden: Der Gesetzgeber sorge gerade dafür, dass die Anlage des Notfalldatensatzes mit 17,58 Euro honoriert werde. Die Übertragung dieser Daten in die ePA werde nach dem Entwurf des Patientendatenschutzgesetzes nochmals mit zehn Euro vergütet. Es sei gut für den Start, dass gleich die Vergütung ins Gesetz integriert sei.
Dr. Gottfried Ludewig, Abteilungsleiter im Bundesgesundheitsministerium, warnte, gleich zu Beginn zu viel von der Akte zu erwarten: „Es wird nicht alles perfekt sein am 1. Januar 2021. Wir werden zu Beginn viel mit PDF arbeiten. Aber Digitalisierung kann nicht warten, bis das letzte Detail funktioniert“, sagte Ludewig. Die Akteure wollten einen Prozess der dauernden Verbesserung starten. Das BMG wolle, dass der digitale Wandel nicht von außen kommt und von Konzernen diktiert wird. „Wir wollen eine Digitalisierung innerhalb der GKV und der Selbstverwaltung. Deshalb bringen wir vom Gesetzgeber Geschwindigkeit rein.“ (ger)