Elektronische Patientenakte
PKV bereitet sich auf ePA-Einstieg vor
Bei der elektronischen Patientenakte beschreiten GKV und PKV ähnliche Wege. Für eine Übergangszeit könnte auch die Gesundheitskarte für Privatversicherte doch noch ein Thema werden.
Veröffentlicht:Köln. Nach langer Überlegung hat sich die Signal Iduna entschieden: Der fünftgrößte private Krankenversicherer wird gemeinsam mit dem Anbieter Research Industrial Systems Engineering (RISE) eine elektronische Patientenakte (ePA) für seine Kunden entwickeln.
Die Unternehmen wollen ein Joint Venture gründen. Ziel ist nach ihren Angaben die Entwicklung einer „ePA mit Plus“: „eine zertifizierte elektronische Patientenakte für PKV-Versicherte mit weiteren Mehrwertdiensten“.
RISE entwickelt eine Akte für die Bitmarck-Unternehmensgruppe, die der IT-Service-Dienstleister für 80 Prozent der Krankenkassen mit rund 25 Millionen Versicherten ist. „Das ganzheitliche Konzept von RISE hat auf uns einen sehr guten Eindruck gemacht“, sagt Jörg ter Schmitten, Leiter des Projekts „Signal Iduna Gesundheitswelt“, der „Ärzte Zeitung“.
Die Erfahrungen des Unternehmens mit der ePA für die GKV werden in die Signal Iduna-Akte einfließen. „Unsere Akte wird auch Mehrwertdienste beinhalten, die deutlich über die gesetzlichen Funktionen hinausgehen“, betont ter Schmitten. So werden die Kunden langfristig die Möglichkeit erhalten, ihre Abrechnungen digital über die ePA einzureichen.
100 Versicherte testen die Akte
Die Signal Iduna bezieht Versicherte in die Entwicklung der Akte ein. „Wir haben eine Testgruppe von 100 Kunden, die das, was wir planen, begleiten.“ Sie sollen die Handhabung und Verständlichkeit der Akte prüfen, werden aber auch danach gefragt, welche speziellen Angebote sie erwarten.
In der GKV erfolgt der Zugang zur Telematikinfrastruktur (TI) und damit zur ePA zunächst über die elektronische Gesundheitskarte (eGK), langfristig soll es auch mobile Lösungen geben.
Auch die Signal Iduna wird ihren Kunden den Zugang über die Karte ermöglichen. „Unser Interesse ist aber, dass möglichst viele die moderne App-Lösung nehmen.“
Die „ePA mit Plus“ wird nicht ausschließlich für den Dortmunder Versicherer bestimmt sein. „Wir wollen sie auch anderen PKV-Unternehmen anbieten“, kündigt ter Schmitten an.
Ein ähnliches Modell fährt bereits seit Längerem die Axa mit der Akte „Meine Gesundheit, die zusammen mit CompuGroup Medical entwickelt worden ist. Hier ist unter anderem die Debeka nachträglich dazugestoßen.
„Mann muss in diesem Bereich investieren“
Zwar sind die PKV-Unternehmen anders als gesetzliche Kassen nicht verpflichtet, ihren Versicherten zum 1. Januar 2021 eine ePA anzubieten. Aber in der Branche gewinnt das Thema zunehmend an Bedeutung, weiß auch Ronald Fritz, der beim IT-Unternehmen IBM die Entwicklung der Gesundheitsplattform inklusive der elektronischen Gesundheits- und Patientenakten verantwortet. „Es wächst die Erkenntnis, dass man in diesen Bereich investieren muss“, sagt er. IBM ist Technologie- und Projektpartner der gematik und Anbieter von elektronischen Gesundheitsakten sowohl für die GKV als auch die PKV.
Es sei klar, dass zunächst die GKV an die TI angebunden wird und erst in einem zweiten Schritt die PKV mit ihren spezifischen Anforderungen. Das heiße aber nicht, dass die Branche erst einmal abwarten kann, betont Fritz. „Die privaten Krankenversicherer sollten die Zeit nutzen und die Voraussetzungen für die ePA schaffen, um im Wettbewerb der Systeme nicht zu spät dran zu sein.“
Wenn die GKV-Versicherten eine ePA mit verschiedenen Funktionen haben, können die PKV-Anbieter nicht lange mit leeren Händen dastehen, ohne einen Imageverlust zu erleiden, warnt er.
E-Rezept ab 2022 als To-do
Ein Beispiel ist das elektronische Rezept. Zwar ist die Anwendung für Privatversicherte freiwillig, man kann aber davon ausgehen, dass viele das E-Rezept nutzen wollen. „Langsam verstehen die Versicherer, dass sie das E-Rezept ab Anfang 2022 verfügbar haben sollten“, berichtet Fritz. Das setze voraus, dass die Unternehmen zumindest übergangsweise mit der eGK arbeiten müssen.
Wer die ePA vor 2024 oder 2025 einführen will, muss auf die eGK setzen, betont auch Derek Proff, der bei IBM die Einführung der ePA für die PKV verantwortet. Denn so lange könnte es dauern, bis die gematik alle Spezifikationen für die Privaten zum Zugriff ohne eGK umgesetzt hat. Viele PKV-Anbieter haben seiner Erfahrung nach das große Potenzial noch nicht erkannt, das in einer ePA liegt und sie von den bereits bekannten digitalen Tools unterscheidet. „Es ist etwas anderes, eine Rechnungs-App anzubieten, als die Möglichkeit, per App auf die allerheiligsten Daten zuzugreifen“, betont Proff.
Die PKV sollte nach Ansicht von Fritz auf die gematik-Lösungen als Basis setzen und sie dann an die branchen- und unternehmensspezifischen Anforderungen anpassen. Das sei gerade mit Blick auf die Ärzte und die anderen Leistungserbringer wichtig. „Die Leistungserbringer werden mit der Außenwelt standardisiert kommunizieren, da kann man ihnen nicht mit seinem eigenen Ding kommen.“