COVID-19

Pharmaindustrie demonstriert Einigkeit im Kampf gegen Corona

Antivirale Medikamente, Antikörper und Entzündungshemmer befinden sich derzeit in der Pipeline gegen SARS-CoV-2. Doch unabhängig davon, wann, wo und wie eine wirksame Waffe gefunden wird: Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der neuen Hersteller-Kooperation, wie die Vorsitzenden betonen.

Von Lydia Unger-Hunt Veröffentlicht:
Die Pharmaindustrie zeigt im Kampf gegen Corona Korpsgeist.

Die Pharmaindustrie zeigt im Kampf gegen Corona Korpsgeist.

© Photocreo Bednarek / stock.adobe.com

Genf/New York. Es war eine imposante Runde, die am 3. September einzeln und doch gemeinsam vor den Computerbildschirm trat: die Vorstandsvorsitzenden von Eli Lilly (David A. Ricks), Gilead (Daniel O’Day), MSD (Kenneth C. Frazier), Pfizer (Albert Bourla) und Roche (Severin Schwan) gaben einen Überblick über den Stand der pharmazeutischen Dinge im Kampf gegen SARS-CoV-2.

Aktuell gibt es bekanntlich noch keinen Impfstoff, und nur wenige Medikamente sind zur Behandlung einer COVID-19-Erkrankung zugelassen. Das bekannteste Beispiel ist wohl Remdesivir, das mittlerweile in mehr als 50 Ländern zugelassen ist.

Der Erfolg des antiviralen Medikaments ist nicht vom Himmel gefallen, wie Daniel O’Day berichtet: „Auf Basis jahrelanger Forschung an ähnlichen Viren war es uns möglich, sofort nach Bekanntwerden von SARS-CoV-2 entsprechende Studien aufzusetzen. Diese erbrachten unter Remdesivir eine signifikante Verbesserung der klinischen Symptome und eine Verkürzung des Krankenhausaufenthalts; Real-World-Daten haben zudem eine Verbesserung der Mortalität gezeigt.“

Am wichtigsten sei für den Gilead-Vorsitzenden jedoch eine radikale Änderung der üblichen Vorgehensweise des Unternehmens in der Entwicklung von Medikamenten gewesen: „Lange bevor wir überhaupt einen Proof-of-Concept für Remdesivir bei SARS-CoV-2 hatten, haben wir massiv in internationale Kollaborationen investiert, um das Liefervolumen gegebenenfalls drastisch erhöhen zu können.“

Suche nach Wirkstoff-Partner

Derzeit wird bei Gilead überprüft, ob sich die Wirkung von Remdesivir durch Kombination mit anderen Medikamenten oder durch eine andere Formulierung verbessern lässt, etwa durch Inhalation zur Erhöhung der pulmonalen Konzentration.

An einer oralen Verabreichungsform antiviraler Medikamente arbeitet MSD, aktuell laufen dazu zwei große Studien, verkündet MSD-Chef Frazier; dies sollte die Verabreichung vereinfachen und so zu einer Entlastung des Gesundheitspersonals beitragen.

Nach dem Motto „allzeit bereit“ war es auch Pfizer möglich, sofort nach Bekanntwerden der Genomsequenz des Virus ihre molekularen Speicher antiviraler Moleküle zu durchforschen – und fündig zu werden: Zu einem vielversprechenden Kandidaten sollen Ende des Monats die ersten Ergebnisse verfügbar sein.

Und auch bei der Impfstoffentwicklung ist Pfizer gut im Rennen, „in Zusammenarbeit mit BioNTech haben wir mit der Entwicklung eines Impfstoffs begonnen, der derzeit an rund 23.000 Patienten getestet wird; Ende Oktober sollten wir wissen, ob der Impfstoff funktioniert oder nicht, und könnten dann unverzüglich um Zulassung anfragen“, so Pfizer-CEO Bourla.

Rückschläge und Zusammenarbeit

Doch es gab auch Rückschläge, wie Severin Schwan von Roche meldete. „Bei schwerer COVID-Erkrankung war häufig eine Überreaktion des Immunsystems zu beobachten, und laut Einzelberichten verbesserte unser Interleukin-6 Hemmer Tocilizumab die Chancen dieser Patienten. Ein sehr robuster klinischer Trial erbrachte jedoch keine positiven Ergebnisse, Tocilizumab als Monotherapie funktioniert also nicht.“

Roche erforscht daher die Kombination des Antirheumatikums nun mit anderen Wirkstoffen wie beispielsweise Remdesivir. Und in Zusammenarbeit mit Regeneron befindet sich eine weitere Antikörper-Kombination in der letzten Studienphase: REGN-COV2 soll als Behandlung bei bereits infizierten, symptomatischen COVID-19 Patienten zur Vermeidung der Krankheitsprogression sowie zur Prävention der Virusübertragung bei hochexponierten Menschen eingesetzt werden.

David A. Ricks wiederum berichtet über die Kooperation von Eli Lilly mit zwei Unternehmen in der Entwicklung neutralisierender Antikörper (alleine oder in Kombination) zur passiven Immunisierung. Zielgruppe sind auch hier hochexponierte Menschen wie etwa das Pflegepersonal und die Bewohner in Altersheimen, die mit einem hohen Infektionsrisiko und einer signifikanten Mortalität zu kämpfen haben.

Auch Behörden reagieren schnell

Alle diese Ergebnisse lassen erkennen, mit welch „unglaublicher Geschwindigkeit“ die Pharmaindustrie auf die Krise reagiert habe, betont Lilly-Chef Ricks. „Das Virus ist vor neun Monaten identifiziert worden, wir haben bereits jetzt zugelassene Behandlungen sowie mehr als 300 Kandidaten für Therapie und Impfung.“

Auch die Zusammenarbeit mit Zulassungsbehörden habe einen neuen Düsenantrieb bekommen: Anfragen, deren Antwort üblicherweise Monate auf sich warten ließ, werden nun innerhalb weniger Tage abgehandelt. Die Kollaboration zwischen den Pharmaunternehmen sei aber der Schlüssel für den globalen Erfolg einer Behandlung. Denn erstens werde es „die“ Wunderwaffe gegen COVID-19 wahrscheinlich nicht geben, sondern es würden eher multimedikamentöse Cocktails sein (wie etwa in der Therapie von HIV/AIDS).

Zudem hätte ein Unternehmen alleine nicht die Kapazitäten, die Produktion und den Vertrieb weltweit sicherzustellen. Daher betonen die Pharma-Vorstände einstimmig: Unabhängig davon, welches Unternehmen eine wirksame Therapie entwickelt, die in normalen Zeiten scharfen Rivalen stünden quasi Gewehr bei Fuß, um mit vereinten Kräften auszuhelfen.

Der einzige Rivale sei nun das Virus, der einzige Konkurrent die Zeit, sagt Albert Bourla – und Kenneth C. Frazier ergänzt: „In dieser globalen Pandemie ist keiner auf der Welt sicher, bis wir alle sicher sind. Danach richten wir uns.“

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