Krankenhausreform
Qualität soll ins Gesetz
Eine schärfere Trennung von Grund- und Spezialversorgung sowie 6000 neue Stellen in der Pflege: Die große Koalition will Milliarden Euro für die Krankenhäuser ausgeben. Darauf hat sich eine Arbeitsgruppe aus Bund und Ländern nach rund sechs Verhandlungsmonaten geeinigt. Kritik kommt von Seiten der Kliniken.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Krankenhausreform ist auf dem Weg. "Mit einem Strukturfonds unterstützen wir die Länder dabei, notwendige Umstrukturierungen zur Verbesserung der Versorgung voranzubringen", erläuterte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) die Einigung.
Zudem werde der Bund ein Pflegestellenförderprogramm auflegen. Rund 6000 Stellen sollen damit geschaffen werden, um die aus dem Pflegepersonalmangel rührenden Qualitätsdefizite in den Krankenhäusern anzugehen.
Allein für diese beiden Vorhaben sollen bis 2018 rund 1,7 Milliarden Euro fließen. Die Stärkung der Hochschulambulanzen, Sicherstellungszuschläge, Zuschläge für Zentren und die Annäherung der Landesbasisfallwerte zum Beispiel sollen sich auf weitere gut zwei Milliarden Euro belaufen. 2013 hat die GKV knapp 65 Milliarden Euro für den stationären Sektor ausgegeben.
Kliniken mit nachgewiesen schlechter Qualität sollen mit Abschlägen bestraft, die mit nachgewiesen guter Qualität mit Zuschlägen belohnt werden.
Unterschreiten Krankenhäuser künftig Mindestmengenvorgaben sollen sie für die betreffenden Leistungen von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht mehr bezahlt werden müssen.
Allerdings sollen die Sanktionen erst greifen, wenn Kliniken Mängel nicht binnen eines Jahres abgestellt haben. Hessens Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) betonte, dass damit Fehlanreize für Mengenausweitungen beseitigt würden.
Die ersten Reaktionen fielen gemischt aus. Der GKV-Spitzenverband kommentierte diese Pläne am Freitag als "gutes Signal". Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hält dagegen Qualitätsabschläge für keine gute Lösung.
"Es werden erfolgsabhängige Elemente in die medizinische Leistungsvergütung eingeführt, die die Patientenbehandlungen höchst bedenklich mit ökonomischem Kalkül verknüpfen und Patientenselektion fördern", stellte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum fest.
Wandel heißt auch Bettenabbau
Für den Strukturfonds stellt das Gesundheitsministerium 500 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung, die derzeit bei etwa zehn Milliarden Euro liegt. Weitere 500 Millionen Euro sollen die Länder beisteuern.
Dass es bei den Umstrukturierungen auch um Bettenabbau geht, stellte Hamburgs Gesundheitssenatorin, Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) klar. Davon profitiere der Beitragszahler, sagte die aktuelle Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz.
Hermann Gröhe machte klar, dass er eine schärfere Trennung von Grund- und Regelversorgung und spezialisierten Leistungen favorisiere. "Es geht darum, dass alles dort gemacht wird, wo es am besten geschehen kann. Und das bedeutet nicht: alles an einem Ort."
Notwendige Krankenhäuser würden nicht "dichtgemacht", sagte Professor Karl Lauterbach, Vize-Vorsitzender der SPD-Fraktion. Verlierer der Reform seien aber die Krankenhäuser, die mit Qualitätsdefiziten arbeiteten.
Für die CDU-Fraktion sagte deren gesundheitspolitischer Sprecher Jens Spahn: "Ziel muss es sein, mit dem Mehr an Geld von über einer Milliarde Euro pro Jahr die Anreize so zu setzen, dass es im Ergebnis zu weniger Operationen, weniger Krankenhäusern und mehr Qualität kommt.
Den für die Krankenhausplanung auch weiterhin zuständigen Ländern soll es erleichtert werden, Krankenhäuser zu schließen oder umzuwandeln. Dafür soll die Qualität als Grundlage für Entscheidungen der Krankenhausplanung gesetzlich vorgeschrieben werden.
Viel Arbeit für den GBA
Auf den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) kommt damit viel Arbeit zu. Dort sollen die Indikatoren zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität entwickelt werden, die Rechtssicherheit schaffen sollen.
Gleichzeitig sollen alle Qualitätsrichtlinien des GBA künftig verbindlich umzusetzen sein. Das sollen die Medizinischen Dienste der Krankenkassen kontrollieren dürfen.
Die Versäumnisse der Länder bei der Finanzierung von Investitionen in die Krankenhäuser werden mit der Reform nicht angegangen.
Es sei ausdrücklich gesagt worden, dass Leistungen aus dem Strukturfonds nicht an eine Mindestinvestionsquote geknüpft werden sollen, sagte Stefan Grüttner. Klar sei aber auch, dass Mittel aus dem Strukturfonds reguläre Investitionen nicht ersetzen dürften.
Die Reform betrifft auch Vertragsärzte und Apotheker. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen den Sicherstellungsauftrag für den vertragsärztlichen Notdienst behalten, aber zur Zusammenarbeit mit Krankenhäusern verpflichtet werden.
Der Notdienst der Apotheken soll auf diese Zusammenarbeit abgestimmt werden.
Die Klinikreform soll 2016 starten. Nach drei Jahren Laufzeit sollen erste Ergebnisse evaluiert werden.