Kein Augenarzt

Südbrandenburg ist Sorgenkind der KV

Seit mehr als einem Jahr fehlen im Süden Brandenburgs Augenärzte. Bei der Suche arbeiten Kommunen, Kassenärztliche Vereinigung und Landkreis Hand in Hand - doch bislang ohne Erfolg.

Angela MisslbeckVon Angela Misslbeck Veröffentlicht:
Nicht nur in Finsterwalde, in ganz Südbrandenburg fehlt es vor allem an Augenärzten.

Nicht nur in Finsterwalde, in ganz Südbrandenburg fehlt es vor allem an Augenärzten.

© Gerhard Seybert / fotolia.com

FINSTERWALDE. Die südbrandenburgische Stadt Finsterwalde sucht händeringend einen Augenarzt für ihre 17.000 Einwohner und die Menschen aus den umliegenden Orten. Bereits vor mehr als einem Jahr hat der niedergelassene Ophthalmologe Thomas Eichler seine Praxis dort aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Einen Nachfolger fand er nicht.

"Die Situation ist wirklich dramatisch. Jetzt fahren die Patienten zum Teil bis nach Dresden", berichtet Bürgermeister Jörg Gampe (CDU) der "Ärzte Zeitung". Das sei besonders für die ältere Generation eine Zumutung. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln müssten sie dreimal umsteigen.

Ein Angebot macht ihnen der Fernbus-Unternehmer Hans-Joachim Kanwischer. Wenn mindestens drei Patienten zusammenkommen, bringt er sie für 29 Euro von Finsterwalde nach Dresden direkt zu einer Praxisklinik mit drei Augenärzten und wieder zurück.

Die Fahrgäste seien sehr dankbar für das Angebot, vor allem die Älteren, sagt Kanwischer. Aber auch: "Das ist vorübergehend eine Alternative, aber keine Dauerlösung."

Die Dauerlösung lässt auf sich warten. Dabei rollt die Stadt Finsterwalde einem neuen Augenarzt zumindest im übertragenen Sinn den roten Teppich aus. "Die Praxis des Vorgängers wäre sofort beziehbar", sagt Gampe. "Im Prinzip müsste nur einmal der Maler durchgeschickt werden."

Doch falls der neue Arzt andere Bedürfnisse hat, sind im Haushalt der Stadt nach Gampes Angaben 50.000 Euro für bauliche Maßnahmen eingestellt. "Wenn die Räume nicht gefallen, gäbe es auch andere", bietet der Bürgermeister an. Sein Motto bei der Augenarztsuche: "Nichts ist unmöglich.

Ein eigenes MVZ? Wohl eher nicht!

Der Bürgermeister ist zudem mit dem ortsansässigen Elbe-Elster-Klinikum im Gespräch über eine Lösung durch ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ). Selbst will die Stadt das nicht machen.

Die geplante bundesweite Gesetzesänderung, dass auch Kommunen MVZ gründen dürfen, sieht Gampe kritisch: "Wenn sich keiner mehr rührt, ruft man nach den Kommunen."

Dabei ist Finsterwalde auch über die Ausstattung der Praxis hinaus durchaus engagiert bei der Augenarztsuche. Gampe bietet auch Unterstützung bei der Suche nach geeignetem Wohnraum. "Von Platte bis Altbauvilla ist alles vorhanden", sagt er.

Die Stadt hat extra für ihre Suche nach einem Augenarzt eine Imagebroschüre erarbeitet, die die harten und weichen Standortfaktoren schildert - von öffentlichen und freien Schulen über Tierpark, Sänger- und Kaufmannsmuseum bis hin zum regen Vereinsleben und dem alle zwei Jahre stattfindenden Sängerfest.

Zudem hat Gampe sich Unterstützung gesucht, unter anderem beim Landkreis Elbe-Elster. Der bietet Stipendien für Medizinstudenten an. Sie können nach dem Physikum 500 Euro Unterstützung pro Monat erhalten, die sie nur dann zurückzahlen müssen, wenn sie später keine Tätigkeit in Elbe-Elster aufnehmen.

Auch das Ärztenetz Südbrandenburg (ANSB) ist in die Augenarztsuche für Finsterwalde einbezogen. Die Netzärzte haben ein eigenes MVZ gegründet und wirken damit mit an der Sicherung der ambulanten Versorgung in Südbrandenburg mit.

Sorgenkind der KV

Tatsächlich ist Südbrandenburg derzeit das Sorgenkind der KV Brandenburg (KVBB). Nirgends sonst im Flächenland fehlen so viele Ärzte wie in den Landkreisen Elbe-Elster, Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz. Das gilt nicht nur für Augenärzte, aber für sie besonders.

Fast zeitgleich mit Eichler in Finsterwalde hat auch im nahegelegenen Elsterwerda eine Augenarztpraxis geschlossen. Der Versorgungsgrad der Planungsregion liegt aktuell unter 70 Prozent. In der Region Spree-Neiße sind es gut 85 Prozent.

Auch dort hat schon 2013 eine Augenarztpraxis geschlossen, die bis heute ohne Nachfolger blieb. In den unterversorgten und von Unterversorgung bedrohten Regionen stellt auch die KVBB gemeinsam mit den Kassen Ärzten Fördermittel bis zu 50.000 Euro zur Verfügung, wenn sie dort eine Tätigkeit aufnehmen.

Und nicht nur das. Bereits seit 2013 bemüht sich auch die KVBB aktiv um Augenärzte für den Süden Brandenburgs. Sie hat die Schwester-KV in Berlin um Mithilfe gebeten, sämtliche augenärztliche Verbände angeschrieben und eine umfangreiche Anzeigenkampagne gestartet.

 "Insgesamt wurden mehr als 25.000 Euro in Anzeigen und andere externe Suchmaßnahmen investiert. Darauf gab es nur vereinzelte Anfragen, die leider ohne Ergebnis blieben", so KVBB-Pressesprecher Christian Wehry.

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