Schlaf-Bonus

US-Konzerne belohnen ausgeschlafene Mitarbeiter

Mehr Schlaf, bessere Performance im Job: Für manche US-Unternehmen ist der Zusammenhang so klar, dass sie ihre Mitarbeiter dazu bringen wollen, mehr zu schlafen.

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Wer genug schläft, kriegt Geld: Manche US-Unternehmen fördern den Schlaf ihrer Mitarneiter.

Wer genug schläft, kriegt Geld: Manche US-Unternehmen fördern den Schlaf ihrer Mitarneiter.

© Konstantin Yuganov / iStock / Thinkstock

WASHINGTON. US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump brüstet sich damit, kaum Schlaf zu brauchen. Yahoo-Chefin Marissa Mayer ruht oft nur vier Stunden pro Nacht, Tesla-Generaldirektor Elon Musk kommt mit sechs Stunden aus.

Wer ganz oben ist, der hat keine Zeit zum Schlafen, so lautet in den USA bisher das Credo der Erfolgreichen. Und doch: Viele Amerikaner entdecken eine neue Liebe zum Schlaf - denn er soll noch erfolgreicher machen.

Das jüngste Buch der Unternehmerin und Huffington-Post-Gründerin Arianna Huffington preist die - auch kreativen - Vorzüge des Ausgeschlafenseins: "The Sleep Revolution" (Die Schlafrevolution) setzte sich wochenlang auf den Bestsellerlisten fest.

Zombi-Armee übermüdeter Arbeitnehmer

Und auch erste Unternehmen belohnen ihre Mitarbeiter dafür, dass diese genug schlafen. Medien berichten über übermüdete Arbeitnehmer, die als eine Art Zombie-Armee durch die Firmenetage wanken, und treiben den Wandel voran.

Zunächst war es das Mittagsschläfchen am Arbeitsplatz, zu dem unter anderem Google und Facebook ihre Mitarbeiter ermutigten.

Seit kurzem bezahlt nun eine große Krankenversicherung ihren Angestellten sogar einen Bonus für ausreichende Nachtruhe.

Bis zu 300 Dollar Jahresbonus

"Dinge sind schneller erledigt, wenn die Leute präsent und vorbereitet sind. Aber man kann nicht gut vorbereitet sein, wenn man noch halb schläft", sagte Mark Bertolini, Vorstand der Aetna Krankenversicherung, bei einem TV-Aufritt. Das Unternehmen zahlt seinen Mitarbeitern für je 20 Nächte mit mehr als sieben Stunden Schlaf 25 US-Dollar (24 Euro)- insgesamt bis zu 300 US-Dollar pro Jahr.

Dafür müssen die Arbeitnehmer ihre nächtlichen Ruhezeiten präzise in ein digitales Schlaftagebuch eintragen - oder direkt über eines der weit verbreiteten Fitness-Armbänder dorthin senden.

Den Verdacht, indiskrete Blicke in den Lebenswandel der Mitarbeiter werfen zu können, versucht das Unternehmen auszuräumen, indem es die Daten von einem Drittanbieter auswerten lässt.

Schlafmangel als männliches Statussymbol

Und Ausnahmen, etwa wenn kleine Kinder nachts aufwachen, würden dabei durchaus toleriert, hieß es. Unterm Strich, so rechnete Bertolini vor, soll die bessere Nachtruhe auch mehr Produktivität bringen.

"Vor allem für Männer ist Schlafmangel zu einer Art Statussymbol geworden", beklagt Huffington. Auch sie selbst war jedoch ihr halbes Arbeitsleben lang chronisch übermüdet.

Nachdem die Unternehmerin vor einigen Jahren überarbeitet zusammenklappte und sich dabei den Kiefer brach, legte sie den Schalter um. Mindestens sieben Stunden Schlaf gönnt sie sich seitdem, eingeläutet durch ein Bade- und Leseritual in ihrem geräuschisolierten Zimmer. Smartphone oder TV sind verbannt, doch für nächtliche Einfälle liegt ein Heft plus Leuchtkuli bereit. Ihre Kreativität und Urteilsfähigkeit habe sich seitdem enorm gebessert, sang Huffington in den vergangenen Monaten in zahlreichen TV-Auftritten das Hohelied des Ausgeschlafenseins.

Leichter Schlafentzug, große Auswirkungen

Mediziner geben dem recht: Schon ein leichter Schlafentzug schränke diese Fähigkeiten ein. Wer etwa zwölf Nächte nur sechs Stunden schlafe, sei ähnlich übermüdet, als habe er 24 Stunden durchgearbeitet, betonte die Harvard Neurologin und Schlafmedizinerin Josna Adusumilli in einem Interview. Und derjenige treffe entsprechend fahrige Entscheidungen.

Eine neue deutsche Studie untermauert dies. Menschen, die 24 Stunden wach bleiben mussten, vertrauen ihrer eigenen Einschätzung weniger und sind empfänglicher für Ratschläge von Außen als Ausgeschlafene, fanden Psychologen der Universität Gießen jüngst heraus.

Auf Wenig-Schläfer wie Trump bezogen würde das heißen: Er bräuchte durchweg gute Berater, um tragfähige Entscheidungen fällen zu können.

Durchschnittlich 6,8 Stunden schlafen Amerikaner einer Gallup-Umfrage von 2013 zufolge pro Nacht - das sind weniger als die sieben, die die nationale Gesundheitsbehörde NIH empfiehlt.

Zwei von fünf Amerikanern bekommen demnach höchstens sechs Stunden Schlaf pro Nacht. In Deutschland liegt die durchschnittliche Schlafdauer - allerdings nach einer anderen Untersuchung per persönlicher App-Eingabe ermittelt - bei sieben Stunden 45 Minuten. Die gesamte im Bett verbrachte Zeit ist jeweils höher. (dpa)

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