Klinikreform

Umsetzungsstau legt Verhandlungspartner lahm

Das Krankenhausstrukturgesetz hat der GKV, der PKV und der Krankenhausgesellschaft einiges an Umsetzungsarbeit aufgebürdet. Zwei Fristen sind schon abgelaufen, ohne dass Verhandlungsergebnisse präsentiert werden konnten. Für die nächsten gesetzlich vorgegebenen Termine sieht es nicht besser aus.

Julia FrischVon Julia Frisch Veröffentlicht:

BERLIN. "Lang ist die Liste der Umsetzungsaufgaben aus dem Krankenhausstrukturgesetz (KHSG). Nur kurz allerdings die verbleibenden Zeitpfade für die Abarbeitung", schreibt Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) in der Zeitschrift "Das Krankenhaus".

Schon jetzt zeige sich, dass die Zeitvorgaben, die das Gesetz für die Umsetzungsarbeit vorsehe, "vielfach nicht eingehalten werden können".

Bis zum 31. März sollten die Vertragspartner auf Bundesebene, also DKG, GKV und PKV, eigentlich schon das Regelwerk für die Finanzierung der besonderen Aufgaben von Zentren ausgearbeitet haben.

Bis Ende Mai hätten zudem Vorgaben gemacht werden sollen zur Absenkung oder Abstufung der Bewertung von Leistungen, bei denen es "Anhaltspunkte für im erhöhten Maße wirtschaftlich begründete Fallzahlsteigerungen gibt".

Beide Fristen haben DKG, GKV und PKV verstreichen lassen. Und es ist abzusehen, dass der Umsetzungsstau noch länger wird.

Denn dass bis zum 31. Juli ein Katalog nicht mengenanfälliger Krankenhausleistungen stehen wird, bei dem der ab 2017 geltende Fixkostendegressionsabschlag (FDA) nur zur Hälfte gelten soll, davon gehen zur Zeit weder die DKG noch die GKV aus. Auf die Schiedsstellen wird viel Arbeit warten.

Vertragspartner ringen um jeden Cent

Bei den Verhandlungen geht es natürlich auch ums Geld. 900 Millionen Euro zusätzliche Mehreinnahmen soll das KHSG nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums dieses Jahr den Krankenhäusern in die Kassen spülen. Gerungen wird da zwischen den Vertragspartnern um jeden Cent mehr oder weniger.

Beispiel Finanzierung der besonderen Aufgaben der Zentren: "Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Finanzierungsmittel von derzeit rund 100 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro verdoppelt werden. Die Vorschläge des GKV-Spitzenverbandes aber lassen den Eindruck entstehen, der Gesetzgeber würde zur Halbierung der Mittel auffordern.

Es werden Bedingungen formuliert, die bewährte Zentrumsstrukturen gefährden", beklagt DKG-Chef Georg Baum in dem Zeitschrift-Editorial.

Die DKG könne dem "selbstredend" nicht zustimmen. "In jedem Fall haben die Krankenkassen schon erreicht, dass Finanzierungsmittel in diesem Jahr kaum noch fließen können", so Baum.

Angesichts des Umfangs der Verhandlungsthemen ist der Zeitplan des Gesetzgebers wohl auch etwas zu sportlich geraten. Bei der Festlegung der für den FDA relevanten nicht mengenanfälligen Leistungen zum Beispiel seien die Verhandlungen "ausgesprochen komplex", da Bund-, Länder- und Ortsebene betroffen seien, sagt Ann Marini, Pressesprecherin des GKV-Spitzenverbandes.

GKV sehe Mengenanfälligkeit

Zudem gehen hier naturgemäß auch die Meinungen auseinander, welche Leistungen in den Kliniken überhaupt mengenanfällig sind.

Die GKV sehe "offensichtlich bei nahezu allen Leistungen Mengenanfälligkeit", schreibt Baum. Lediglich bei einem Teil der geburtshilflichen Leistungen bestehe Bereitschaft, diesen als nicht mengenanfällig zu akzeptieren. Unfälle aber, Insulte, Herzinfarkte oder Krebsbehandlungen wolle die GKV "nicht auf die Liste nehmen", heißt es weiter.

Keine Einigung erzielt wurde bei der Abwertung von Leistungen mit wirtschaftlich begründeten Fallzahlsteigerungen zum einen deshalb, "weil die DKG - anders als der Gesetzgeber - grundsätzlich die Existenz wirtschaftlich begründeter Fallzahlsteigerungen negiert", so Marini.

Zum anderen, weil "es einen nicht unbeträchtlichen Überschneidungsbereich mit der Sachkostenproblematik" gibt.

Der GKV-Spitzenverband wäre deshalb aus pragmatischen Gründen bereit, zuerst die "bislang falsche" Sachkostenkalkulation neu zu regeln, die durch das KHSG ebenfalls auf der Umsetzungsagenda steht. Die GKV verweist dazu auf Berechnungen des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK), nach denen es bei den Sachkosten eine Übervergütung von 15 Prozent gebe.

Sorge um Kostendeckung

Die Forderungen der GKV bei der Neuregelung der Sachkosten bezeichnet Baum als "Rasiermethode mit Schnitttiefe bis aufs Blut". Das Abwertungsvolumen bei den Sachkosten läge, wenn es nach der GKV ginge, bei 1,5 Milliarden Euro.

"Auch wenn die Mittel zur Umschichtung auf die Personalkosten eingesetzt werden sollen, muss doch gewährleistet sein, das sachkostenintensive Leistungen kostendeckend erbracht werden können", so Baum.

Was das KHSG konkret für die Kliniken und Unikliniken bedeutet, bleibt angesichts des Umsetzungsstaus auf Bundesebene weiter unklar.

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