Psychotherapie
Videosprechstunde: Gekommen, um zu bleiben
Wie die Ärzte so die Psychotherapeuten. Die Videosprechstunde hat sich in der Pandemie auch in der Psychotherapie fest etabliert. Nach einer aktuellen Umfrage wird das auch so bleiben.
Veröffentlicht:Berlin. Die Pandemie hat sich als starker Treiber für Videobehandlungen auch in der Psychotherapie erwiesen. Nach einer Online-Befragung der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), an der sich 3434 Psychotherapeuten beteiligt haben, waren die häufigsten Gründe für eine Videosprechstunde, dass Patienten „während der Pandemie nicht in die Praxis kommen konnten/wollten“ (gut 80 Prozent).
Ebenfalls häufig angegeben wurde, dass Patienten „nahe Angehörige in der Risikogruppe“ haben (knapp 60 Prozent) oder selbst einer Risikogruppe für schwere COVID-19-Verläufe angehören (knapp 50 Prozent). Seltener für Videobehandlungen wurden organisatorische Gründe wie Zeitersparnis (knapp 40 Prozent), weite Entfernung von der Praxis (rund 30 Prozent) oder berufliche Verhinderung (gut 20 Prozent) genannt.
Pandemie gab den Startschuss
Neun von zehn Umfrageteilnehmer, die bereits Erfahrung mit der Videosprechstunde gemacht haben (88 Prozent), waren durch die Pandemie auf die Videobehandlung gekommen. Ebensoviele wollen auch nach der Pandemie die Übung beibehalten, allerdings die Hälfte nicht mehr so häufig wie bisher, berichtet die BPtK. Das könnte an den angegebenen Gründen für die Videosprechstunden liegen: Die bisher am häufigsten angeführten Anlässe würden ja nach der Pandemie wegfallen.
Knapp 60 Prozent der Teilnehmer, die bereits Erfahrungen mit Videobehandlung gemacht haben, kombinierten Präsenz- und Videositzungen in der Therapie. Die Kammer leitet unter anderem daraus die Forderung ab, Videosprechstunden in der Psychotherapie müssten regional verankert bleiben. Nur dann sei gewährleistet, dass Menschen im Krisenfall ihre Therapeuten auch direkt besuchen können.
Doch auch Probleme bei der Videobehandlung werden von den Umfrageteilnehmern angeführt: Am häufigsten genannt wurde dabei „keine stabile Internetverbindung“. Bei 80 Prozent der Teilnehmer trat dieses Problem „sehr oft“, „oft“ oder „manchmal“ auf. Im ländlichen Raum hatten nach den Ergebnissen fast 40 Prozent keine ausreichende Internetanbindung, in Großstädten waren es immer noch fast 25 Prozent.
Weitere Probleme bei der Durchführung von Videobehandlungen liegen vor allem in den Verhältnissen bei den Patienten. So sehen gut 50 Prozent der Teilnehmer „sehr oft“ bis „manchmal“ eine mangelnde Bereitschaft ihrer Patienten zur Videosprechstunde.
Technik fehlt bei Patienten
Etwa die Hälfte der Umfrageteilnehmer sieht die Patienten teilweise bis häufig durch die technischen Anforderungen überfordert, ebensoviele führen fehlende Endgeräte bei den Patienten an. Immer noch mehr als 40 Prozent vermuten, dass bei den Patienten kein entsprechender Rückzugsraum vorhanden sei. In der eigenen Praxis sieht nur eine verschwindende Minderheit der Teilnehmer technische Probleme – was aber auch an einer nicht ganz gegebenen Repräsentativität der Online-Befragung liegen könnte.
Die BPtK leitet aus den fehlenden technischen Voraussetzungen bei Patienten die Forderung ab, dass die Digitalisierung sozial benachteiligte Patienten nicht von der psychotherapeutischen Versorgung ausschließen dürfe. Hier solle mit verstärkten Beratungs- und Behandlungsangeboten gegengesteuert werden. Für ältere Menschen sei zudem eine systematische Förderung aufsuchender Psychotherapie in Wohnungen und Altenheimen notwendig.