Personalführung
Wer krank ist, darf auch zum Amtsarzt
Steht ein Termin beim Amtsarzt zur Feststellung der generellen Arbeitsfähigkeit an, so darf der Arbeitnehmer auch bei Krankschreibung nicht fernbleiben, solange er keine infektiöse Erkrankung hat.
Veröffentlicht:Nürnberg. Wer krank ist, geht eigentlich zum Arzt. Zum Amtsarzt wollte ein Arbeitnehmer aber nicht – und kassierte prompt eine Abmahnung. Zu Recht, wie nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg entschied.
Demnach müssen Arbeitgeber Arbeitsunfähigkeit nicht als Ausrede akzeptieren. Es gebe keinen allgemeinen Erfahrungssatz, „dass der Besuch eines Amtsarztes (…) Nerven und Gemüt eines Patienten so belastet, dass allein mit dem Arztbesuch eine Beeinträchtigung des Heilungsverlaufs verbunden wäre“.
Der heute 57-jährige Kläger arbeitet als Schreiner in Bayern. Er war immer wieder arbeitsunfähig erkrankt, 2018 an insgesamt 75 Tagen. Laut ärztlichem Attest durfte er keine Gegenstände mit mehr als zehn Kilogramm Gewicht heben, tragen oder ohne Hilfsmittel bewegen.
Abmahnung erteilt
Der Arbeitgeber hatte daraufhin Zweifel, ob der Schreiner überhaupt noch seiner Arbeit nachkommen kann. Anfang 2019 verpflichtete er den Mann daher, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen. Dies sieht der hier einschlägige Tarifvertrag auch so vor.
Doch der Schreiner verschob den ersten Untersuchungstermin und nahm auch den zweiten Termin nicht wahr – wegen Arbeitsunfähigkeit. Daraufhin verlor der Arbeitgeber die Geduld und erteilte eine Abmahnung.
Der Beschäftigte verlangte die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Er sei schließlich krank gewesen. Die amtsärztliche Untersuchung wäre mit einer psychischen und nervlichen Belastung verbunden gewesen. Bei Wahrnehmung des Termins hätte daher eine „latente Gefahr der Beeinträchtigung des Genesungsprozesses“ gedroht.
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Doch sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG lehnten die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte ab. Zwar habe das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass krankgeschriebene Arbeitnehmer in aller Regel nicht zu einem Personalgespräch in ihren Betrieb zitiert werden dürfen.
Hier habe es aber für die amtsärztliche Untersuchung einen „wichtigen Grund“ gegeben. Der Beschäftigte müsse hierfür auch nicht arbeitsfähig sein. Denn die nach den tariflichen Bestimmungen mögliche Untersuchung diene ja gerade dem Zweck, zu prüfen, ob der Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeit überhaupt noch erbringen kann.
Mit der Untersuchung könne auch nicht bis zur Genesung gewartet werden. Schließlich müsse der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die Möglichkeit erhalten, rechtzeitig Maßnahmen für einen leidensgerechten Arbeitsplatz ergreifen zu können.
Besondere Umstände, warum der Kläger nicht an dem Untersuchungstermin teilnehmen konnte, etwa eine ansteckende Krankheit, habe der Schreiner nicht dargelegt. (fl/mwo)
Landesarbeitsgericht Nürnberg, Az.: 7 Sa 304/19