Einen Schritt voraus in der TI
Zahnärzte bei Digitalisierung vor Humanmedizinern
In puncto Telematikinfrastruktur tun sich viele Vertragsärzte und ihre KVen noch schwer. Die Zahnärzte sind weniger zögerlich. Zum Beispiel beim Kommunikationsstandard KOM-LE.
Veröffentlicht:Berlin. Was die Telematikinfrastruktur (TI) angeht, sind Zahnärzte den Humanmedizinern im Moment ein Stück weit voraus. Das gilt zum Beispiel für die TI-Anbindung: Nach Angaben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) haben sich bereits 92 Prozent der etwa 43.000 Zahnarztpraxen angeschlossen – und zwar weitgehend geräuschlos. Humanmediziner hinken da noch hinterher.
Zahnärzte sind auch forschere Nutzer von digitalen Chipkarten. Etwa 16.500 elektronische Heilberufsausweise sind bereits im Feld und werden zum Beispiel für die Anmeldung an KZV-Portale und für elektronische Abrechnungen eingesetzt.
Anteilsmäßig ist das deutlich mehr als bei den Ärzten – vor allem, weil die Zahnärzte bei ihrem Abrechnungs- und Kommunikationsportal „Zahnärzte Online Deutschland“ früh auf Chipkarten gesetzt hatten.
Innerärztliche Kommunikation
Als IT-affine Berufsgruppe nehmen die Zahnärzte auch an dem im März startenden Test der elektronischen Leistungserbringer-Kommunikation über die TI teil, KOM-LE genannt. Dabei sind Zahnärzte nicht gerade die eifrigsten Versender elektronischer Arztbriefe.
Es gibt aber ein paar andere interessante Anwendungen. Ein Beispiel sind die gar nicht so seltenen Gutachterverfahren, in denen zahnärztliche Röntgenbilder von einem Zahnarzt an einen anderen übertragen werden müssen. Ganz ohne innerärztliche Kommunikation geht es auch in der Dentalmedizin nicht.
Erstaunlich ist, dass an dem auf Ärzte- und Krankenhausseite komplett in Nordrhein stattfindenden, vom Unternehmen CGM organisierten, ersten KOM-LE Feldtest nicht nur die KZV Nordrhein, sondern auch die KZVen Bayerns, Berlin, und Baden-Württemberg teilnehmen, mit jeweils vier Zahnarztpraxen pro KZV-Bezirk.
Abrechnung könnte komfortabler werden
Grund dafür ist, dass die Zahnärzte den TI-Kanal KOM-LE auch noch für die Kommunikation mit ihren KZVen nutzen wollen: „Sobald entsprechende Anbieter zugelassen sind, werden sich erste KZVen an die TI anbinden und ihren Mitgliedern unter anderem eine KZV-Abrechnung auf diesem Weg anbieten“, sagt der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Karl-Georg Pochhammer.
Im Vergleich zu der Abrechnung per Portal-Upload könne die neue Abrechnungsvariante für Zahnärztinnen und Zahnärzte noch komfortabler gestaltet werden, so Pochhammer. Denn mit KOM-LE sei eine bessere Integration in die Praxis-IT möglich – völlig ohne manuellen Upload und andere Zwischenschritte. Die Vorbereitungen zur Umsetzung starten in Kürze mit interessierten KZVen.
Neue Funktionen des Konnektors im Test
Gleichzeitig erproben die vier Test-KZVen und ihre Zahnärzte auch neue Funktionen des Konnektors, etwa die Anmeldung mit SMC-B am KZV-Portal und die qualifizierte Signatur von relevanten Dokumenten im Praxisbetrieb.
Möglich wird die frühzeitige Einbindung der KZVen, da sie, anders als KVen, (Zahn)Ärztekammern oder Krankenkassen, schon mit digitalen Institutionskarten, den SMC-B-Org ausgestattet sind – eben weil die KZV-Anbindung von Anfang an auf dem Radar war.
Ärzteschaft noch skeptisch
Bei den Ärzten hingegen hat man erst mit Verzögerung verstanden, dass der Wechsel vom sicheren Netz der KVen in Richtung TI auch einen neuen Kommunikationskanal zwischen Ärzten und KV erfordert, sofern man mit dem „sicheren Netz der KVen“ (SNK) nicht ewig zweigleisig fahren will.
Anfang 2020 hat die gematik nun die SMC-B-Org auch für die anderen relevanten Organisationen inklusive KVen ausgeschrieben. Es geht also voran, dennoch wird es mit der digitalen, TI-basierten Arzt-KV-Kommunikation in der Humanmedizin noch ein Weilchen dauern.
Immerhin soll die KV Nordrhein für einen Übergangszeitraum von den Zahnärzten eine SMC-B-Org zur Verfügung gestellt bekommen, um zumindest schon mal testen zu können.
Auch Röntgenbilder gehen durch
Auch im Hinblick darauf, dass die TI-basierte KOM-LE-Kommunikation anfangs wohl aus technischen Gründen auf 25 MB pro Nachricht begrenzt bleibt, sind die Aktivitäten der Zahnärzte interessant. Bei den Ärzten sind unter anderem Abrechnungsdatensätze, die Labors an die KV übermitteln, teilweise über 100 MB groß.
Bei Zahnärzten scheint diese Grenze weniger problematisch zu sein – trotz der Röntgenbilder: „Wir haben bei den KZVen nachgefragt, und die sagen uns, dass etwa 95 Prozent der Röntgenbilder nur bis zu 5 MB groß sind. Es gibt ein paar Ausreißer, aber das Gros der Bilder sollte ohne Probleme durchlaufen können“, erläutert Dieter Reul, stellvertretender Leiter der Abteilung Telematik der KZBV.