US-Studie

Erst schwächelt die Potenz, dann das Herz

Männer mit Potenzproblemen erleiden nach Studiendaten in den Folgejahren doppelt so oft einen Herzinfarkt oder Schlaganfall wie Altersgenossen ohne solche Schwächen.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Frust und Sorgen: Erektile Dysfunktion kann ein Vorbote kardiovaskulärer Ereignisse sein.

Frust und Sorgen: Erektile Dysfunktion kann ein Vorbote kardiovaskulärer Ereignisse sein.

© drubig-photo / Fotolia

BALTIMORE. Den Penis für den Geschlechtsverkehr in Form zu bringen, bedarf bekanntlich vaskulärer Unterstützung. Entsprechend haben Männer mit kardiovaskulären Erkrankungen häufig auch ein Potenzproblem.

Umgekehrt wird Ärzten geraten, potenzschwache Männer ohne bekannte vaskuläre Erkrankungen genauer auf solche Leiden und entsprechende Risikofaktoren hin zu untersuchen, denn die erektile Dysfunktion (ED) kann das erste Zeichen einer umfassenden Atherosklerose sein.

Diese Empfehlung wird nun von Resultaten der prospektiven Beobachtungsstudie MESA (Multi-Ethnic Study of Atherosclerosis) untermauert: Bei Männern mit Potenzschwäche, aber ohne bekannte kardiovaskuläre Probleme ist das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in etwa verdoppelt (Circulation 2018, online 11. Juni).

Nachbeobachtung über im Mittel 3,8 Jahre

Rund 2000 Männer der MESA-Studie haben auch Angaben zu ihrer sexuellen Funktion gemacht. Eine ED wurde dann angenommen, wenn die Teilnehmer überhaupt nicht mehr oder nur noch gelegentlich eine Erektion erzielen konnten, berichten Gesundheitsforscher um Dr. Iftekhar Uddin von der Johns Hopkins University in Baltimore.

Schlossen die Forscher Männer mit bekannter KHK und kardiovaskulären Ereignissen in der Vergangenheit aus, blieben noch 1757 Teilnehmer übrig. Diese wurden im Mittel 3,8 Jahre nachbeobachtet.

Etwa 46 Prozent der im Mittel 70 Jahre alten Männer klagten über Potenzprobleme. Solche Männer hatten deutlich öfter Diabetes und Familienmitglieder mit früher KHK als Männer ohne ED, auch nahmen sie häufiger Betablocker, Antihypertensiva, Cholesterinsenker und Antidepressiva ein.

All das spricht natürlich dafür, dass solche Männer bereits ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko trugen.

In der Nachbeobachtungszeit wurde bei 40 Teilnehmern erstmals eine KHK diagnostiziert, kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzstillstand oder kardiovaskulären Tod registrierten die Forscher 75-mal.

Eine KHK diagnostizierten sie unter den ED-Patienten zweieinhalbfach häufiger (3,4 vs 1,4 Prozent) als unter potenten Männern, das traf auch für sämtliche kardiovaskulären Ereignisse zu (6,3 vs 2,6 Prozent).

Signifikanter Unterschied bei kardiovaskulären Ereignissen

Berücksichtigte das Team um Uddin Alter, Ethnie, bekannte kardiovaskuläre Risikofaktoren, die benötigten Medikamente sowie Depressionen, dann schwächte sich der Zusammenhang etwas ab, eine KHK wurde bei den ED-Patienten dann aber noch immer 1,8-fach häufiger, ein kardiovaskuläres Ereignis 1,9-fach häufiger als bei Männern ohne Potenzprobleme diagnostiziert.

Als statistisch signifikant erwies sich jedoch nur noch der Unterschied bei den kardiovaskulären Ereignissen.

Eine ED scheint folglich ein unabhängiger Risikofaktor für solche Ereignisse zu sein und liefert damit bedeutsame Informationen über bekannte Risikofaktoren wie Rauchen, LDL-, Blutdruck- oder Blutzuckerwerte hinaus.

Bei einer ED ohne psychische Ursache dürfte es sich folglich oft um eine subklinische Atherosklerose handeln. Die Wissenschaftler um Uddin fordern daher, eine ED sollte vermehrt als Risikofaktor in Instrumenten zur Abschätzung des kardiovaskulären Risikos aufgenommen werden, wie dies etwa im britischen QRISK-Score der Fall ist.

Zudem sollten Patienten mit ED aggressiver gegen kardiovaskuläre Risiken wie erhöhte Blutdruck- und Cholesterinwerte behandelt werden, schlagen die Forscher vor.

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