Krankenstand
Beunruhigend hohe Zahlen in der Altenpflege
Altenpflegekräfte fehlen fast doppelt so oft wegen psychischer Erkrankungen wie andere Beschäftigte, heißt es im länderübergreifenden Gesundheitsbericht für Berlin und Brandenburg.
Veröffentlicht:BERLIN. Beschäftigte im Gesundheitswesen von Berlin und Brandenburg sind länger und häufiger krank als Berliner und Brandenburger Beschäftigte im Durchschnitt. Das zeigt der repräsentative länderübergreifende Gesundheitsbericht 2017, den HealthCapital, das Clustermanagement für die gemeinsame Gesundheitsregion, vorgelegt hat.
Über alle Berufsgruppen hinweg betrug der Krankenstand 2016 in Berlin 5,1 und in Brandenburg 6,0 Prozent. Im Gesundheitswesen lag er bei 5,9 Prozent in Berlin und 6,4 Prozent in Brandenburg. Mit Abstand am seltensten arbeitsunfähig sind Ärzte und Zahnärzte, sowie Psychologen und Psychotherapeuten. Der Krankenstand im Bereich Human- und Zahnmedizin lag in Berlin weit unterdurchschnittlich bei 1,7 Prozent (Männer) und 2,5 Prozent (Frauen) und in Brandenburg bei 2,3 Prozent und 3,3 Prozent.
Krankenstand über neun Prozent
Dagegen sind Pflegekräfte besonders viel krank. Altenpflegerinnen wiesen in beiden Ländern einen Krankenstand von über neun Prozent auf. Bei ihren männlichen Kollegen belief er sich auf 6,7 (Berlin) und 6,4 Prozent (Brandenburg). In der Gesundheits- und Krankenpflege, dem Rettungsdienst und der Geburtshilfe lag der Krankenstand mit 8,0 und 7,7 Prozent bei den Frauen und 5,7 bzw. 6,1 Prozent bei den Männern nicht ganz so hoch, aber immer noch deutlich über dem Durchschnitt.
Noch mehr Fehltage als im Gesundheitswesen gab es bei den Wasserwerken und Müllabfuhren (8,4 Prozent Krankenstand), in der Öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung (7,6 Prozent) sowie in den Branchen Verkehr und Lagerei (6,4 Prozent).
Der überdurchschnittliche Krankenstand im Gesundheitswesen wiegt jedoch aus Sicht der Berichtsautoren besonders schwer, weil es eine der wichtigsten Branchen in der Hauptstadtregion ist. In Berlin arbeiten zehn Prozent, in Brandenburg elf Prozent der Beschäftigten auf diesem Gebiet.
Ansporn für mehr Prävention
Psychische Erkrankungen, Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und Atemwegserkrankungen verursachen im Berliner und Brandenburger Gesundheitswesen zwischen 30 und 100 Prozent mehr Fehltage als im Durchschnitt der Region. Auch Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule aufgrund von Heben und Tragen kommen im Gesundheitswesen überdurchschnittlich häufig vor.
"Das Gesundheitswesen ist für Berlin und Brandenburg auch wirtschaftlich eine besonders wichtige Branche. Insofern ist der besonders hohe Krankenstand der Pflegeberufe besorgniserregend", so Dr. Kai Uwe Bindseil, Clustermanager Gesundheitswirtschaft Berlin-Brandenburg – HealthCapital.
Gesundheitsstaatssekretär Boris Velter betrachtet den Bericht als Ansporn und Grundlage, um an Prävention und betrieblicher Gesundheitsförderung zu arbeiten. "Der Bericht macht deutlich, dass wir uns vor allem mit der gesundheitlichen Situation von in Pflegeheimen und Krankenhäusern tätigen Pflegekräften beschäftigen müssen", so Velter. "Wenn wir Gesundheit und Beschäftigungsbedingungen der Arbeitnehmer verbessern, stärkt das die Gesundheitswirtschaft in der Region insgesamt."
Handlungsbedarf formuliert auch die AOK Nordost. "Vor großen Herausforderungen steht insbesondere die Gesundheitsbranche, da sich hier gesundheitliche Belastungen wie etwa Schichtarbeit und die demografische Situation in der Mitarbeiterschaft potenzieren", sagt Stefanie Stoff-Ahnis von der Geschäftsleitung der Kasse. Sie verweist auf die speziellen Angebote der Kasse für betriebliche Gesundheitsförderung in Pflegeeinrichtungen und ihr Netzwerk für Gesundheitsförderung in kleinen und mittleren Unternehmen.
Der länderübergreifende Gesundheitsbericht wurde vom IGES Institut auf der Basis der Daten von sechs Krankenkassen, der Unfallversicherung und der Rentenversicherung aus den Jahren 2014 bis 2016 erstellt. Er umfasst nach Angaben von Health- Capital Daten über rund 87 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den beiden Bundesländern.