Ärztetag
Spahn wirbt um Dialog – auch ohne Mikrofon
Der Gesundheitsminister gibt sich bei der Eröffnung des Deutschen Ärztetags in Münster werbend, konziliant – und doch in seinem Kurs unbeirrt.
Veröffentlicht:MÜNSTER. Ein Jens Spahn lässt sich nicht stoppen, schon gar nicht bei der Eröffnung des Deutschen Ärztetages in seiner Heimat. Also redet der Gesundheitsminister auch ohne Mikrofon und in der Dunkelheit.
Mit einem Schlag geht der Strom in der Halle Münsterland aus – gerade als Spahn auf die SPD zu sprechen kommt und die schwierige Kompromissfindung, die zur Erhöhung der Mindestsprechstundenzahl auf 25 geführt hat.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) muss streckenweise ohne Mikrofon reden. Es fielen Licht und Ton in der Münsterlandhalle aus. Spahn in dem Moment: „Kaum redet man von der SPD, geht alles aus.“ #Spahn #daet2019
— Ärzte Zeitung (@aerztezeitung) 28. Mai 2019
Der Minister sprach ohne Mikrofon weiter, der Saal hörte ruhig zu. Kurze Zeit später, als er über die frühere SPD-Gesundheitsministerin sprach, gingen Licht und Ton wieder an. #Spahn: „Bei Ulla Schmidt gehts Licht wieder an.“ #daet2019
— Ärzte Zeitung (@aerztezeitung) 28. Mai 2019
Minister ist nicht auf Konfrontation aus
Spahn bietet der Ärzteschaft viele Male den Dialog an, wirbt um Zustimmung, betont Gemeinsamkeiten. Ein Minister, der auf Konfrontation aus ist, sieht anders aus.
Und so holt der Minister die versammelte Ärzteschaft immer wieder bei Themen ab: Spahn wirbt für die Widerspruchslösung und weiß dabei die große Mehrheit der Ärzte auf seiner Seite. „Diese Debatte im Bundestag sind wir den 10.000 Menschen schuldig, die in Deutschland auf ein Organ warten.“
#Spahn: #Organspende-Gesetz schnell umgesetzt, aber Frage bleibt, wie wird man denn Spender? War früher selbst für Entscheidungslösung. Aber Zahlen gesunken, deshalb gehen wir jetzt Debatte um doppelte Widerspruchslösung an.#daet2019
— Ärzte Zeitung (@aerztezeitung) 28. Mai 2019
Ähnlich beim Impfen. Auch hier finde die Freiheit des Einzelnen seine Grenze in der Gefährdung anderer, begründet der Minister seinen Vorstoß für eine Impfpflicht gegen Masern. Das Ausrotten der Masern dürfe nicht an Deutschland scheitern.
Ähnliches gilt für Impfungen, so #Spahn. Das Ausrotten von Erkrankungen auf der Welt scheitert inzwischen an Europa. Das lässt mich als Gesundheitsminister nicht kalt. #Masern #daet2019
— Ärzte Zeitung (@aerztezeitung) 28. Mai 2019
Berichtet - wirbt - lobt sich selbst
Dann aber holt Spahn Luft und kommt zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), die ersten Pfiffe sind zu hören – da geht das Licht aus. Doch Spahn macht weiter.
Berichtet, wie ihm im direkten Gespräch 90 Prozent der Ärzte signalisieren, sie seien doch gar nicht betroffen.
Wirbt, die langfristige Legitimation der privaten Krankenversicherung in den Augen der Wahlbürger hänge auch davon ab, dass die GKV-Versicherten zeitnah einen Termin beim Arzt bekommen.
Lobt sich selbst, er sei der erste Minister seit 20 Jahren, bei dem zusätzliche Leistungen von Ärzten auch mehr Geld bedeuten – da geht das Licht wieder an.
"Ich habe doch eh´die Tore im Gesicht"
Bei der Digitalisierung wiederholt Spahn sein Credo vom Deutschen Ärztetag im vergangenen Jahr in Erfurt: Lieber das Thema gestalten, als Digitalisierung erleiden müssen.
So begründet der CDU-Politiker auch die umstrittene Übernahme der Mehrheitsanteile der gematik durch die Bundesregierung. „Ich habe doch eh‘ die Torte im Gesicht“, ruft er der Riege der Kammerpräsidenten zu.
Er wisse, dass er 2021 an den bis dahin erreichten Erfolgen bei der Digitalisierung gemessen werde. Ihm geht es darum, im deutschen Gesundheitswesen die Idee der Datensouveränität des Patienten zu verteidigen gegen die Marktambitionen der großen Tech-Konzerne von Google bis Amazon.
Spahn setzt auch zum Schluss einen Akzent: Im Gespräch mit dem Bundesjustizministerium prüfe er derzeit, ob Ärzte und medizinisches Personal in den Kreis derer aufgenommen werden, die – wie Polizisten, Feuerwehrleute oder Rettungskräfte – durch den Paragrafen 115 Strafgesetzbuch besonders geschützt sind. Auch dies ist eine alte Forderung der Ärzteschaft.
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