Metaanalyse bestätigt

Antibiotikaverzicht bei unkomplizierter Divertikulitis ist sicher

Bei Patienten mit akuter unkomplizierter Divertikulitis erzielt man mit Antibiotika keine besseren Ergebnisse als mit engmaschiger Überwachung – offenbar nicht einmal dann, wenn Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf vorhanden sind.

Von Dr. Beate Schumacher Veröffentlicht:
3D-Illustration einer Divertikulitis.

3D-Illustration einer Divertikulitis.

© Panther Media GmbH / Alamy / mauritius images

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Ist es für Risikopatienten besser, bei akuter unkomplizierter Divertikulitis Antibiotika zu erhalten?

Antwort: Laut einer Metaanalyse auf Basis von individuellen Patientendaten bringt eine Antibiotikatherapie auch bei Patienten mit erhöhtem Risiko für einen ungünstigen Verlauf (VAS-Schmerz-Score > 7, Leukozyten > 13,5 x 109 / l) keine statistisch signifikanten Vorteile.

Bedeutung: Antibiotikaverzicht bei akuter unkomplizierten Divertikulitis ist sicher.

Einschränkung: Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die numerisch, wenn auch statistisch nicht signifikant erhöhten Raten komplizierter Divertikulitiden und Sigmaresektionen bei Antibiotikaverzicht klinisch relevant sind.

Amsterdam. Dass der Verzicht auf Antibiotika bei Patienten mit akuter unkomplizierter Divertikulitis weder für die Genesung noch für das Auftreten unerwünschter Ereignisse Folgen hat, ist bereits in den randomisierten kontrollierten Studien AVOD und DIABOLO gezeigt worden.

Allerdings kam es in diesen Studien ohne Antibiotikum zwar nicht signifikant, aber immerhin numerisch häufiger zu komplizierten Divertikulitisverläufen und zu operativen Eingriffen.

Chirurgen aus den Niederlanden und Schweden wollten deswegen herausfinden, ob es eventuell Patientengruppen mit bestimmten Risikofaktoren gibt, die möglicherweise doch besser antibiotisch behandelt werden sollten. Ihre Metaanalyse der beiden genannten Studien auf der Basis individueller Patientendaten liefert dafür jedoch keine Anhaltspunkte.

„Eine Subgruppe, die von einer Antibiotikatherapie profitierte, war nicht erkennbar“, schreiben die Studienautoren um Stefan van Dijk vom Universitätsklinikum Amsterdam (Br J Surg 2020; online 19. Februar).

Unterschiede statistisch nicht signifikant

Die Analyse basiert auf den Daten von 545 Patienten, die primär beobachtet, und 564 Patienten, die gleich antibiotisch behandelt wurden. Alle Studienteilnehmer hatten eine akute linksseitige unkomplizierte Divertikulitis, die per CT gesichert war, und wurden ein Jahr lang nachverfolgt.

In den ersten drei Monaten wiesen in der Beobachtungsgruppe zwar etwas mehr Patienten weiterhin eine Divertikulitis auf (7,2 versus 5,0 Prozent), der Unterschied war aber nicht signifikant. Rezidive traten in beiden Gruppen vergleichbar häufig auf (8,6 Prozent mit Beobachtung versus 9,6 Prozent mit Antibiotika).

Die Rate von komplizierten Divertikelentzündungen war im ersten Monat ähnlich gering (1,8 versus 1,1 Prozent), innerhalb eines Jahres zeigte sich jedoch eine etwas größere, wenn auch statistisch nicht signifikante Differenz (4,0 versus 2,1 Prozent). Bei den Sigmaresektionen gab es ebenfalls weder nach einem Monat noch nach einem Jahr (0,6 versus 0,7 Prozent beziehungsweise 5,0 versus 2,5 Prozent) statistisch bedeutsame Unterschiede.

Aber vielleicht klinisch bedeutsam?

Die Studienautoren sind trotzdem vorsichtig bei der Interpretation ihrer Ergebnisse: „Auch wenn die Raten von komplizierten Divertikulitiden und Sigmaresektionen sich nicht statistisch signifikant unterschieden, sind die Differenzen möglicherweise klinisch relevant.“

Die Number Needed to Treat, um eine komplizierte Entzündung beziehungsweise eine Op zu vermeiden, würde ihren Daten zufolge nur 53 beziehungsweise 41 betragen. Um dies abschließend zu klären, seien Studien mit mehr als 2600 beziehungsweise 1800 Patienten notwendig.

Als Risikofaktoren für einen ungünstigen Verlauf erwiesen sich ein anfänglicher Schmerz-Score > 7 auf einer visuellen Analogskala (Odds Ratio, OR 2,8) sowie eine Leukozytenzahl > 13,5 x 109 / l (OR 2,7). Umgekehrt stellte es sich als protektiv heraus (OR 0,3), wenn die Indexepisode die Erstmanifestation einer Divertikulitis war. Aber in keiner dieser Subgruppen hatte es statistisch bedeutsame Konsequenzen, ob primär antibiotisch oder beobachtend vorgegangen wurde.

„Alle Argumente und individuelle Situation abwägen“

Generell sei der Verzicht auf Antibiotika „eine sichere Strategie“, so das Fazit von van Dijk und Kollegen. Im Einzelfall raten sie, alle Gründe zugunsten eines Antibiotikums und alle Gründe für den Verzicht darauf in Betracht zu ziehen. Am Ende könnten individuelle Faktoren oder Präferenzen den Ausschlag geben.

In der letzten deutschen Leitlinie wurde bei akuter unkomplizierter linksseitiger Divertikulitis ohne Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf die engmaschige klinische Kontrolle und mit Risikoindikatoren eine Antibiotikatherapie empfohlen. Die Leitlinie ist allerdings veraltet und wird derzeit überarbeitet.

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