Blutungsrisiko

Antidepressiva und NSAR - gefährliche Kombination

Patienten, die Antidepressiva und NSAR einnehmen, haben einer südkoreanischen Studie zufolge ein erhöhtes Blutungsrisiko - außer im Magen-Darm-Trakt möglicherweise auch im Gehirn.

Von Beate Schumacher Veröffentlicht:
CT-Aufnahme einer intrakraniellen Hämorrhagie (rot).

CT-Aufnahme einer intrakraniellen Hämorrhagie (rot).

© stockdevil / fotolia.com

SEOUL. Antidepressiva, insbesondere SSRI, blockieren die Wiederaufnahme von Serotonin auch in die Thrombozyten und können dadurch Blutungskomplikationen Vorschub leisten. Das gilt vor allem dann, wenn ein Patient weitere Medikamente einnimmt, die die Plättchenfunktion beeinträchtigen.

So ist einer Metaanalyse zufolge die Wahrscheinlichkeit für eine gastrointestinale Blutung nochmals höher, wenn SSRI nicht allein, sondern zusammen mit einem NSAR eingenommen werden.

Die Kombination aus Antidepressiva und NSAR könnte auch die Entstehung von Hirnblutungen fördern.

Einer retrospektiven Studie aus Südkorea zufolge haben Patienten mit der Ko-Therapie ein um 60 Prozent höheres 30-Tages-Risiko als Patienten unter Monotherapie mit einem Antidepressivum (BMJ 2015; 351: h3517).

Daten von 4,15 Millionen Patienten

Für die Untersuchung wurden Versicherungsdaten von Patienten herangezogen, die zwischen 2010 und 2013 erstmals ein Antidepressivum erhalten hatten.

 Jedem Patienten, der zusätzlich NSAR anwendete, wurde jeweils ein Patient ohne NSAR-Behandlung gegenübergestellt, der nach Alter, Geschlecht, Komorbiditäten und weiteren Therapien vergleichbar war.

Versicherte mit bekannten zerebrovaskulären Erkrankungen waren von der Teilnahme ausgeschlossen. Die Gesamtkohorte umfasste 4,15 Millionen Patienten. Sie wurden im Mittel 18 Tage nachverfolgt.

In der Gruppe mit Antidepressiva allein wurden pro 1000 Personenjahre 1,6 intrakranielle Hämorrhagien diagnostiziert, in der Antidepressiva-plus-NSAR-Gruppe waren es 5,7.

Unter Berücksichtigung von Unterschieden in der Einnahme weiterer blutungsfördernder Medikamente ergab sich daraus ein Anstieg der Hirnblutungsrate um 60 Prozent innerhalb von 30 Tagen nach Beginn der antidepressiven Therapie. Diese Steigerung ließ sich nicht auf eine bestimmte Substanzklasse zurückführen; die Unterschiede zwischen den Medikamentengruppen waren nicht signifikant.

Jüngere Patienten (unter 45 Jahren) waren unter Antidepressiva plus NSAR gleichermaßen gefährdet, eine Hirnblutung zu erleiden, wie ältere. Bei Männern war der Risikozuwachs allerdings deutlich größer als bei Frauen (+ 160 Prozent vs. + 20 Prozent).

Durch Begleiterkrankungen oder -therapien wurde dagegen das Blutungsrisiko unter der Ko-Therapie nicht weiter erhöht. Auch im Hinblick auf die Blutungstypen - subarachnoidale, intrazerebrale oder andere - waren keine unterschiedlichen Effekte von Antidepressiva plus NSAR zu erkennen.

Störfaktoren übersehen?

Laut den Autoren stehen die Ergebnisse in einer Linie mit denen einer Fall-Kontroll-Studie, die zumindest einen Trend zu einem erhöhten Hirnblutungsrisiko unter SSRI plus NSAR festgestellt hatte (Stroke 2002; 33: 1465).

Die Ärzte um Ju-Yong Shin vom koreanischen Institut für Medikamentensicherheit und Risikomanagement in Seoul rufen dennoch zu Vorsicht bei der Interpretation ihrer Resultate auf. Trotz der Gegenüberstellung von vergleichbaren Patienten seien möglicherweise Störfaktoren übersehen worden.

Die Studie ergänze aber die vorhandene Evidenz, wonach die gleichzeitige Anwendung von Antidepressiva und NSAR mit einem erhöhten Risiko verbunden sei. Patienten, die mit dieser Medikamentenkombination behandelt würden, bedürften daher besonderer Wachsamkeit.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Iatrogene Hirnblutungen?

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