Asthma

Auch Olympioniken japsen nach Luft

Von den Olympiasiegerinnen Anni Friesinger-Postma und Cathy Freeman weiß man es, ebenso von der mehrfachen Olympiamedaillen-Gewinnerin Sandra Völker: Sie haben Asthma - und sind keine Ausnahmen.

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Eisschnellläuferin Friesinger-Postma (2010 in Vancouver): Höchstleistung trotz Asthma.

Eisschnellläuferin Friesinger-Postma (2010 in Vancouver): Höchstleistung trotz Asthma.

© HochZwei / imago

CRAWLEY (dk). Ob Rudern, Laufen oder Schwimmen - für Höchstleistungen braucht der Körper Sauerstoff. Da erscheint es nur logisch, dass Atemwegsprobleme eher selten unter Spitzensportlern anzutreffen sind.

Weit gefehlt: Acht Prozent der Olympioniken leiden offenbar an Asthma oder hyperreaktiven Atemwegserkrankungen.

Das berichtete kürzlich der australische Wissenschaftler Kenneth Fitch (Br J Sport Med 2012; 46: 413). Er hatte für seine Studie Daten der olympischen Spiele zwischen 2002 und 2010 ausgewertet.

Damit avanciert Asthma nicht nur zur häufigsten chronischen Erkrankung bei Spitzensportlern, sondern toppt deutlich die Prävalenz in der Normalbevölkerung, die bei etwa fünf Prozent der Erwachsenen liegt.

Besonders Ausdauersportlern bleibt die Luft weg

Während Ringer, Tischtennisspieler und Gewichtheber kaum mit dieser Atemwegsproblematik zu kämpfen haben, ist der Anteil der Asthmatiker unter den Ausdauersportlern umso höher.

Ganz oben rangieren die Triathleten mit 24,9 Prozent, gefolgt von den Radfahrern (17,2 Prozent), Schwimmern (17,1 Prozent) und Fünfkämpfern (16,8 Prozent).

Auch für die Wintersportarten gilt: Je mehr Kondition und Ausdauer nötig ist, desto höher die Asthmaprävalenz; allen voran die Disziplinen Langlauf (17,2 Prozent), Nordische Kombination (12,9 Prozent), Eisschnelllauf (12,0 Prozent) und Biathlon (8,2 Prozent).

Das Lungenleiden scheint die Athleten jedoch nicht daran zu hindern, Höchstleistungen zu erbringen. Bei den Winterspielen in Salt Lake City 2002 etwa heimsten die 5,7 Prozent Beta-2-Agonisten-inhalierenden Olympioniken 15,6% der Medaillen ein.

Bei den Sommerspielen in Athen 2004 beanspruchten die 7,7 Prozent asthmakranken Teilnehmer 14,4 Prozent der Medaillenränge für sich.

Nur ein Dopingvorwand?

Schnell regt sich da natürlich der Verdacht der Vorteilsnahme, zumal seit 1996 zu beobachten war, dass immer mehr Spitzensportler zum Asthmaspray griffen.

Doch die Erhebung des Australiers bezog sich auf einen Zeitraum, als das Internationale Olympische Komitee (IOC) bereits die Bestimmungen für den Gebrauch für Beta-2-Agonisten und Glukokortikoide verschärft hatte.

Zwar blieben beide Wirkstoffe zur Inhalation zugelassen, doch verlangte das IOC nun eine umfangreiche Diagnosebestätigung.

Wer die notwendige Ausnahmegenehmigung wollte, musste einen Provokationstest bzw. ein Spirometrie-Protokoll unter Belastung vorlegen oder den positiven Effekt der Wirkstoffe auf seine Atmung nachweisen.

2010 wurden die Regeln wieder gelockert: Seitdem sind die Wirkstoffe Salbutamol und Salmeterol erlaubt, allerdings nur inhalativ und in therapeutischen Dosen. Das gilt auch für Glukokortikoide.

Eine Ausnahmegenehmigung ist nicht mehr zwingend, es genügt die Erklärung, auf diese inhalativen Wirkstoffe angewiesen zu sein. Die systemische Einnahme bleibt verboten. (The Wold Anti-Doping Code: The 2012 Prohibited L ist: International Standard; gültig ab 1. Januar 2012)

Macht Spitzensport lungenkrank?

Nur wenige Sportler hatten die Atemprobleme bereits von Kindesbeinen an. Vielmehr scheint das intensive Ausdauertraining über die Jahre Asthma zu provozieren.

Der norwegische Allergologe Kai-Håkon Carlsen vermutet vor allem zwei Faktoren, die den Atemwegen der Spitzensportler zu schaffen machen (Expert Rev Resp Med 2011; 5: 1).

Infolge der forcierten Atmung kühlen die Atemwege aus, es kommt zur Vasokonstriktion mit sekundärer reaktiver Hyperämie, Ödembildung und Verengung der Atemwege.

Zudem beeinträchtigt der Wasserverlust aufgrund der hohen Ventilationsrate das osmolare Gleichgewicht. Die freigesetzten Entzündungsmediatoren führen wiederum zur Konstriktion.

Bei Schwimmern spielt sicherlich auch der Chloramingehalt der Atemluft eine Rolle. Doch das Einatmen von verschmutzter und kalter Luft gelte zwar als wichtiger Risikofaktor und könnte auch bei manchen Sportarten einiges erklären, resümiert Fitch, aber eben nicht bei allen.

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Kommentare
Dr. Horst Grünwoldt 09.08.201212:20 Uhr

Hyper-Ventilation

Daß die tiefen Atemwege bei Hochleistungs-Sportlern nicht nur infektanfällig -besonders im feuchten Milieu bei Schwimmern- sind, sondern auch die elastischen Fasern des Bronchial- und Lungengewebes bei extremen Dauerbelastungen (Triathlon, Marathon, Etappen-Radrennen) Schaden nehmen können, liegt wohl auf der Hand.
So ist es doch leicht vorstellbar, daß -auch ohne allergische Reaktion, wie beim echten Asthma bronchiale- eine respiratorische Dyspnoe (Atemnot) durch die biomechanisch strapazierten (verengten) Bronchien entstehen kann.
Außerdem dürfte sogar durch die Dauer-Hyperventilation (maximales Ein- und Ausatmen in hoher Frequenz) noch ein ähnlicher pathologischer Effekt, wie beispielsweise beim langjährigen Presston- Trompeteblasen, ein Lungenemphysem in Frage kommen.
Eine maximale Kurzzeit-Wettkampf-Belastung nach suboptimalen Training dürfte dazu allerdings noch nicht führen. Deshalb sollten wir den Leistungssport nicht als krankmachend abstempeln.
Dr. med. vet. Horst Grünwoldt, Rostock

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