Onychomykose
Bei Nagelpilz auch die Sporen abtöten!
Eine Onychomykose lässt sich dauerhaft nur bekämpfen, wenn man sicherstellt, dass sämtliche Pilzsporen in Nagel und Nagelbett beseitigt werden. Gelingen kann das mit Geduld und einem speziellen Nagellack.
Veröffentlicht:BERLIN. Eine fungizide Substanz zur Behandlung der Onychomykose muss nicht nur an den durch die darüber liegenden Nagelmassen geschützten Ort der Sporenbildung gelangen; sie muss auch in der Lage sein, in die Spore einzudringen und dort wirksam zu werden (hautnah dermatologie 2017; 33(4): 28–31). Die Sporen des wichtigsten Onychomykose-Erregers, Trichophyton (T.) rubrum, gelten als wahre Überlebenskünstler.
Die Fähigkeit, auch unter extremen Bedingungen lange Zeit vermehrungsfähig zu bleiben, verdanken sie laut Professor Hans-Jürgen Tietz vom Institut für Pilzkrankheiten in Berlin einem Zwei-Phasen-System: Die sogenannten Endosporen oder "echte" Sporen bilden die Dauerform. Sie sind wasserarm, hitze- und kälteresistent und sorgen dafür, dass der Pilz bei Temperaturen zwischen –20° und +80° C sowie auch bei extremer Trockenheit überleben kann.
Robuste Endosporen
In der zweiten Phase bilden sich Blastosporen. Sie gehen in Form von Hyphen aus den Endosporen hervor und dienen der Vermehrung und Verbreitung des Pilzes. Diese Vegetationsorgane sind die eigentlich nagelpathogene Form, die im Gegensatz zu den Endosporen auf Medikamente relativ empfindlich reagiert. Wie Tietz betont, kommt es bei der Onychomykosetherapie darauf an, nicht nur die Hyphen, sondern auch die robusten Endosporen zu beseitigen. Nur dann könne man eine "nachhaltige Heilung" erzielen. Die Spore von T. rubrum bietet Tietz zufolge hierfür mehrere Angriffspunkte: die RNA-Synthese, die Mitochondrien und das sporeneigene Enzym Katalase. "Wird es gehemmt", so Tietz, "kann die Spore nicht mehr das für sie tödliche H2O2 abbauen und stirbt ab."
Über den Mechanismus der Katalasehemmung wirkt das topische Antimykotikum Ciclopirox oder auch die systemisch einzusetzende Substanz 5-Flucytosin. Ein neues systemisches Antimykotikum ist der tRNA-Synthetasehemmer Tavaborol. Letzterer ist gegenwärtig jedoch nur in den USA zur Behandlung von T. rubrum und T. mentagrophytes zugelassen.
Tietz leitet eine an der Berliner Charité sowie am Berliner Institut für Pilzkrankheiten durchgeführte Studie, in der die Effektivität dreier verschiedener Therapieregime an Patienten mit schwerem Nagelpilzbefall verglichen wurde: zwei sporozid wirkende Präparate mit dem Wirkstoff Ciclopirox (Nagel Batrafen® beziehungsweise Ciclopoli®) und ein nicht sporozides Präparat. Die Unterschiede in der Rückfallquote nach zunächst erfolgreicher Behandlung waren signifikant: Die Rezidivrate lag bei 24,5 Prozent beziehungsweise 10,4 Prozent für die beiden Ciclopirox-haltigen Präparate und bei 41,4 Prozent nach Behandlung mit dem nicht sporoziden Regime.
Die Galenik macht den Unterschied
Warum eine der beiden sporoziden Substanzen zu deutlich weniger Rückfällen führte als die andere, lässt sich nach Tietz durch die unterschiedliche Galenik erklären: Das wirksamere Nagellack-Präparat (Ciclopoli®) enthalte ein spezielles Transportsystem, welches dafür sorge, dass der Wirkstoff "tief in den Nagel eindringen" könne, wo sich die Hyphen und Sporen des Erregers befinden. Dabei handle es sich um ein Biopolymer, welches aus dem Chitin des Panzers von Krabben hergestellt wird. Dieses bilde einen wasserlöslichen Film auf dem Nagel und interagiere gleichzeitig über Wasserstoffbrücken mit dem Nagelkeratin.
Tietz empfiehlt, vor der Behandlung mit einem sporoziden Nagellack eine Woche lang eine 40-prozentige Harnstoffsalbe auf den Nagel aufzutragen; dadurch werden die vom Pilz befallenen Nagelmassen schmerzfrei abgetragen. Die sporozide Substanz, die im Anschluss daran täglich aufgetragen wird, kann so bis ins Nagelbett vordringen, um auch tiefliegende Sporen nachhaltig zu beseitigen.
Bei schwerem Befall sollte dem Experten zufolge parallel dazu einmal wöchentlich eine systemische Therapie mit den antimykotisch wirksamen Substanzen Fluconazol oder Terbinafin erfolgen. Behandelt werden müsse solange, bis der Nagel "klinisch gesund herausgewachsen" sei. Das kann durchaus mehrere Monate in Anspruch nehmen. In dieser Zeit gilt es, einige hygienische Maßnahmen strikt zu beachten: Dazu gehört, Hände, aber auch Nagelscheren und -feilen nach jedem Kontakt mit dem infizierten Nagel sorgfältig zu reinigen, Socken bei mindestens 60°C zu waschen, Schuhe nach der Therapie gründlich zu desinfizieren und– aus Rücksicht auf andere – weder zu Hause noch in öffentlichen Einrichtungen barfuß zu laufen. (eb)
2-Phasen-System des Erregers T. rubrum
- Erste Phase: In dieser Dauerphase bilden Endosporen oder "echte" Sporen die Dauerform. Sie sind wasserarm, hitze- und kälteresistent.
- Zweite Phase: In dieser Phase bilden sich Blastosporen, die eigentlich nagelpathogene Form. Sie gehen in Form von Hyphen aus den Endosporen hervor und dienen der Verbreitung des Pilzes.
- Bei der Therapie kommt es darauf an, nicht nur die Hyphen, sondern auch die robusten Endosporen zu beseitigen.