Neue OARSI-Leitlinien

Bewegung hilft bei Kniegelenkarthrose am meisten

In der Behandlung von Patienten mit Kniegelenkarthrosen gibt es neue Leitlinien. Die Bewegung führt demnach die Liste der wirksamen Therapien an.

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Nicht nur die Arthrose an sich ist für die Behandlung relevant, sondern auch, was der Patient sonst noch mitbringt: ob er etwa zusätzlich an Diabetes erkrankt ist oder ob der Knorpelabbau auch schon in anderen Gelenken begonnen hat.

Nicht nur die Arthrose an sich ist für die Behandlung relevant, sondern auch, was der Patient sonst noch mitbringt: ob er etwa zusätzlich an Diabetes erkrankt ist oder ob der Knorpelabbau auch schon in anderen Gelenken begonnen hat.

© JPC-PROD / fotolia.com

BOSTON. Die internationale Arthrosegesellschaft OARSI (Osteoarthritis Research Society International) hat neue Leitlinien zur konservativen Behandlung der Kniegelenkarthrose vorgestellt.

Bewegung führt demnach die Liste der wirksamen Therapien an. Die Empfehlungen tragen erstmals unterschiedlichen Patientencharakteristika Rechnung.

"Das Krankheitsbild der Arthrose variiert nicht nur in seiner anatomischen Manifestation, sondern auch in den Besonderheiten der Patienten, die daran erkranken", betonte Dr. Timothy McAlindon, Boston, Vorsitzender der Expertenkommission, die die neuen Leitlinien zur nicht-operativen Behandlung der Kniegelenkarthrose erarbeitet hat. Ziel müsse daher ein deutlich individuelleres Herangehen sein, als das bisher der Fall war.

Die Empfehlungen unterscheiden vier Patiententypen (Osteoarthr Cartilage 2014; 22: 363-388):

- Patienten, die "nur" an einer Kniegelenkarthrose leiden,

- Patienten mit Gonarthrose sowie weiteren gesundheitlichen Problemen wie Diabetes, hohem Blutdruck und kardiovaskulären Erkrankungen,

- Patienten mit Arthrose am Kniegelenk und gleichzeitig an anderen Gelenken, zum Beispiel an Hüfte, Wirbelsäule oder Händen,

- Patienten mit Arthrose an multiplen Gelenken sowie mit anderen gesundheitlichen Problemen.

Die Autoren haben eine Liste von Kernmaßnahmen erstellt, die allen Patienten empfohlen werden können. Geordnet nach Wirksamkeit sind dies (in absteigender Reihenfolge): Bewegungsmaßnahmen zu Lande (etwa Spazierengehen), Gewichtsmanagement, Krafttraining und Wassergymnastik, gefolgt von Selbstmanagement und Patientenedukation.

Schlichtes Spazierengehen steht für die Leitlinienautoren ganz im Vordergrund: "Auch wenn das für Patienten mit Schmerzen oft wenig einleuchtend klingt: Die Arthrosebeschwerden lassen sich damit erheblich bessern", sagte OARSI-Mitglied Dr. Jeffrey Katz.

Gerade Patienten mit chronischen Begleiterkrankungen profitieren von der körperlichen Aktivität, so der Orthopäde vom Brigham and Women's Hospital in Boston. Unter den Bewegungsmaßnahmen wird neuerdings auch Tai Chi ausdrücklich empfohlen.

5-prozentiger Gewichtsverlust innerhalb von 20 Wochen

Spezifische Angaben machen die Experten unter anderem zum Gewichtsmanagement: So ist zur Besserung von Arthrosebeschwerden ein 5-prozentiger Gewichtsverlust innerhalb von 20 Wochen erforderlich.

Für Gonarthrosepatienten ohne weitere Gesundheitsprobleme werden zusätzlich biomechanische Maßnahmen wie Knieorthesen oder Gehstöcke empfohlen; aber auch Kortikosteroidinjektionen ins Gelenk, topisches Capsaicin und erstmals auch der SNRI (Serotoninwiederaufnahmehemmer) Duloxetin erhielten für diese Patientengruppe ein positives Votum ("appropriate").

Duloxetin gilt als geeignet für Patienten ohne Begleiterkrankungen und solche mit Multigelenk-Arthrosen. Auch für den Einsatz von NSAR sprachen sich die Experten aus, wobei topischen Präparaten bessere Verträglichkeit attestiert wird als oralen NSAR.

Als ungeeignet für alle Kniearthrosepatienten wurden dagegen elektromedizinische Verfahren wie TENS (transkutane neuromuskuläre Elektrostimulation) eingestuft, ebenso das Bisphosphonat Risedronat. Laut OARSI sind ferner Nahrungsergänzungsmittel wie Chondroitin und Glucosamin ungeeignet, um den Krankheitsprogress aufzuhalten.

Malus für transdermale Opioide

Gegenüber der letzten Leitlinienfassung abgestuft wurden Paracetamol sowie transdermale Opioide. Aufgrund zunehmender Sicherheitsbedenken erhielten diese nun erstmals einen Malus ("uncertain"). Im Falle der transdermalen Opioide bezieht sich dies auf alle Gonarthrosepatienten, bei Paracetamol nur auf diejenigen mit Komorbiditäten.

Ebenfalls neu in den OARSI-Leitlinien: die Empfehlung für die Balneotherapie. Als solche gelten Warmwasserbäder mit darin gelösten Mineralsalzen. Die Autoren befürworten den Einsatz bei Patienten mit Multigelenk-Arthrose und gleichzeitig vorliegenden Begleiterkrankungen. Diese hätten ohnehin nicht viele andere therapeutische Möglichkeiten, so die Experten.

Wer in dem Regelwerk die ganz große Überraschung sucht, wird enttäuscht sein; dies räumte auch Erstautor McAlindon ein. Die vorliegenden Empfehlungen beschränken sich notgedrungen immer noch auf die Ziele "Schmerz- und Symptomreduktion". Dringend benötigt würden dagegen krankheitsmodfizierende Therapien, mit denen sich eine echte Kehrtwende im Arthrosegeschehen erzielen lässt. (eo)

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