Risikofaktor Natrium

Brausetabletten fördern Bluthochdruck

Wasserlösliche Medikamente in Form von Brausetabletten können das Schlaganfallrisiko erhöhen, wie eine britische Studie zeigt. Schuld daran ist das enthaltene Natrium.

Von Dr. Elke Oberhofer Veröffentlicht:
Die tägliche Kochsalzbilanz kann durch mehrere Brausetabletten deutlich verschlechtert werden.

Die tägliche Kochsalzbilanz kann durch mehrere Brausetabletten deutlich verschlechtert werden.

© Subbotina Anna / fotolia.com

DUNDEE. Weltweit sind Gesundheitsorganisationen seit Jahren bemüht, die Bevölkerung zu einem restriktiven Umgang mit Kochsalz anzuhalten - aus gutem Grund: Hohe Natriumspiegel lassen das Risiko für Bluthochdruck nachweislich steigen.

Dies hat beispielsweise die INTERSALT-Studie mit über 10.000 Patienten im Alter zwischen 20 und 60 Jahren gezeigt.

Beim Sprudeln bleibt Natrium zurück

Die Gefahr kommt allerdings nicht nur aus salzigen Lebensmitteln wie Pommes, Chips oder Fertigpizza. Schottische Forscher warnen, dass auch viele Medikamente ihren Teil zur Überversorgung mit Natrium beitragen.

Vor allem wasserlösliche Paracetamol- oder Aspirinpräparate, zum Beispiel in Form von Brausetabletten, enthalten oft relativ hohe Natrium-Konzentrationen in Form von Natriumhydrogencarbonat.

Dieses löst sich im wässrig-sauren Medium relativ rasch unter Abspaltung von CO2; das entstehende Gas bringt das Wasser zum Sprudeln. Die Tablette löst sich dadurch schneller auf.

Auch Auswirkungen auf Mortalität

In einer 500-mg-Tablette Paracetamol sind 18,6 mmol oder rund 428 mg Natrium enthalten. Wer täglich mehrere Tabletten (bis zu acht sind erlaubt) schluckt, kommt allein damit leicht über die von der WHO empfohlenen Menge von etwa 2 g pro Tag (entspricht 4 g Kochsalz oder Natriumchlorid).

Dies hat offenbar nicht nur Auswirkungen auf den Blutdruck, sondern auch auf das Schlaganfallrisiko und die Mortalität. Die aktuelle Studie beruht auf Daten von 1,3 Millionen Patienten aus rund 500 Praxen der Primärversorgung in Großbritannien (BMJ 2013; 347: f6954).

Die Forscher hatten zwei gleich große Gruppen gebildet: Patienten der einen Gruppe hatte zwischen Januar 1987 und Dezember 2010 vom Arzt mindestens zwei natriumhaltige Präparate (zum Beispiel Brausetabletten) verschrieben bekommen.

Die Patienten der Vergleichsgruppe hatten im selben Zeitraum die entsprechende Substanz in nicht löslicher Form erhalten.

Viele Brausetabletten: hohes Risiko für Hypertonie

Wie Jacob George und sein Team vom Ninewells Hospital in Dundee berichten, war es innerhalb von rund vier Jahren zu 61.072 kardiovaskulären Ereignissen gekommen (im primären Endpunkt waren nicht-tödliche Herzinfarkte oder Schlaganfälle sowie vaskulär bedingte Todesfälle zusammengefasst).

Nach Einnahme von salzhaltigen Präparaten war die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses um den Faktor 1,16 erhöht. Der Risikoanstieg beruhte vor allem auf der erhöhten Zahl der (nicht-tödlichen) Schlaganfälle (OR 1,22).

Bei der Analyse der sekundären Endpunkte stach vor allem der Bluthochdruck heraus: Nach Bereinigung um Einflussfaktoren wie Rauchen und Übergewicht lag die Odds Ratio bei 7,18 für Hypertonie, bei 1,28 für die Gesamtmortalität.

Im Gegensatz dazu war das Risiko für (nicht-tödliche) Herzinfarkte in der Natrium-Gruppe nicht erhöht (OR 0,94).

Aus den Studiendaten lässt sich bedauerlicherweise nicht herauslesen, wie oft und wie lange die Patienten die vom Arzt verschriebenen Tabletten angewendet hatten.

Unklar bleibt auch, wie viel Natrium über die Nahrung aufgenommen wurde und ob die Patienten zusätzlich natriumhaltige OTC-Präparate konsumiert hatten; dies sind klare Limitationen der Studie.

"Unsere Ergebnisse stützen die Hypothese, dass Medikamente mit hohem Natriumgehalt zu Bluthochdruck führen können", resümieren George und Kollegen. Die erhöhte Schlaganfallhäufigkeit in der Kohorte sei möglicherweise eine Folge davon.

Salzgehalt wird in Medikamenten nicht angegeben

In Deutschland sind Lebensmittelhersteller künftig generell verpflichtet, den Salzgehalt ihrer Produkte auszuweisen (Lebensmittelinformations-Verordnung). Die Angabe des Natriumgehalts ist derzeit zwingend, wenn beispielsweise auf dem Etikett eine nährwertbezogene Angabe (zum Beispiel "natriumarm") gemacht wird. Für Medikamente existieren solche Vorschriften bislang nicht.

Für die schottischen Forscher ist das ein klares Versäumnis (in Großbritannien ist seit 2004 die "Lebensmittel-Ampel" im Einsatz).

Sie fordern nicht nur, den Natriumgehalt im Beipackzettel von Medikamenten ausdrücklich zu deklarieren, sondern auch, vor den entsprechenden Gesundheitsrisiken, vor allem Bluthochdruck, zu warnen.

Dem Praktiker wird geraten, grundsätzlich eher wasserunlösliche Formulierungen zu verschreiben und die Brausetabletten nur dann einzusetzen, wenn der zu erwartende Nutzen das Risiko übersteigt.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Bluthochdruck auf Rezept?

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