SARS-CoV-2
Coronavirus: Kühlen Kopf bewahren!
Infektionen mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 verlaufen nur sehr selten schwer oder gar tödlich, betonen Experten. Das Virus werde sich wahrscheinlich künftig auch in Deutschland ausbreiten.
Veröffentlicht:Neu-Isenburg. Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 wurde mittlerweile in 24 Ländern außerhalb Chinas nachgewiesen. Auch in Deutschland gibt es 16 Fälle, die allerdings alle direkt mit dem Epizentrum des Ausbruchs – der Stadt Wuhan –, in Verbindung stehen: 14 Fälle „stehen im Zusammenhang mit einem einzigen Infektionsgeschehen bei einer Firma in Bayern, zudem gab es einzelne Fälle bei deutschen Staatsbürgern, die Anfang Februar aus Wuhan ausgeflogen worden waren“, heißt es in einem Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) zur aktuellen Lage (Epi Bull 2020/7).
Ein erster Patient aus Bayern konnte aus der Klinik entlassen werden. Die Person sei wieder vollständig gesund und nicht mehr ansteckend, teilte das bayerische Gesundheitsministerium am Donnerstag mit.
Von einer großflächigen Zirkulation von SARS-CoV-2 in der deutschen Bevölkerung ist derzeit daher nicht auszugehen. Das RKI betont, in Deutschland sei die Wahrscheinlichkeit für ein Aufeinandertreffen mit einem SARS-CoV-2-Infizierten aktuell sehr gering.
Pandemie möglich
Eine weltweite Verbreitung des neuen Coronavirus, das eine Erkältungskrankheit auslöst und nur bei wenigen Patienten zu schweren Pneumonien oder Tod führt, hält das RKI für möglich. „Die globale Entwicklung legt nahe, dass es zu einer weltweiten Ausbreitung des Virus im Sinne einer Pandemie kommen kann.“
Auch der Virologe Professor Christian Drosten von der Charité Berlin schätzt die Wahrscheinlichkeit für eine weltweite Verbreitung des Virus für hoch ein: „Ich denke, es gibt noch eine ganz kleine Chance, dass wir das Ganze eindämmen können. Im Prinzip müssen wir uns auf eine Pandemie einstellen“, so der Virologe in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.
Ganz generell gilt aber: In den meisten Fällen verläuft die Erkältungskrankheit mild, manche Experten vermuten, dass viele Infizierte nicht einmal Symptome entwickeln. Von schweren Erkrankungen und Todesfällen sind zu einem Großteil Patienten mit Vorerkrankungen betroffen, ähnlich wie bei einer Influenza-Infektion. Und: Kinder erkranken offenbar nur sehr selten.
Wie Forscher zudem berichten, ist auch Übertragung des Virus von Schwangeren auf ihr ungeborenes Kind unwahrscheinlich: Eine kleine Beobachtungsstudie mit neun, nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierten Schwangeren aus Wuhan ergab, dass keine der Frauen das Virus auf ihr Kind übertragen hatte (Lancet 2020; online 12. Februar). Weiterhin berichten die Wissenschaftler um Dr. Huijun Chen vom Zhongnan Hospital der Universität Wuhan, dass keine der Schwangeren schwere Symptome der durch das Virus ausgelösten Lungenerkrankung Covid-19 entwickelte oder starb.
Eindämmungsstrategie empfohlen
Da in der aktuellen Situation die meisten Infektionsfälle im Zusammenhang mit einem Aufenthalt im Risikogebiet oder lokalen Clustern auftreten, empfiehlt das RKI generell eine Eindämmungsstrategie (Containment): Um eine Verbreitung zu verhindern, müssen Infektionsketten schnellstmöglich unterbrochen werden, auch weil es derzeit noch keine Impfstoffe gibt (vier Impfstoff-Kandidaten befinden sich laut Weltgesundheitsorganisation in Entwicklung).
„Dies gelingt nur, wenn Kontaktpersonen von labordiagnostisch bestätigten Infektionsfällen möglichst lückenlos identifiziert und für 14 Tage in häuslicher Quarantäne untergebracht werden“, heißt es im RKI-Bericht. Hier gilt auch und besonders für Hausärzte: Wachsam bleiben, Verdachtsfälle erkennen und gegebenenfalls Maßnahmen einleiten. Eine Orientierungshilfe hierfür bietet das RKI zum Download an. Der Virologe Professor Christian Drosten hält es zudem für essenziell, dass sich die Bevölkerung gut über das neue Coronavirus informiert und besonnen reagiert.
Was man mit guter Handhygiene erreichen kann
Was eine gute Aufklärung und eine gute Mitarbeit der Bevölkerung dabei bewirken könnte, haben Forscher in einer Modellrechnung für ein neues Influenzavirus (das wie SARS-CoV-2 über Tröpfcheninfektionen verbreitet wird) analysiert – und zwar an einem Ort, an dem die Wahrscheinlichkeit für ein Einschleppen eines Virus am höchsten ist: am Flughafen (Risk Analysis 2019; online 23. Dezember).
„Könnte man an allen Flughäfen weltweit die Rate der Menschen mit richtiger Handhygiene nach einem Toilettengang von 20 auf 30 Prozent erhöhen, würde man das Risiko, dass sich eine Infektionskrankheit weltweit ausbreitet, um 24 Prozent reduzieren“, schreiben die Forscher um Dr. Christos Nicolaides vom Massachusetts Institute of Technology. Könnte man die Rate gar auf 60 Prozent erhöhen, würde das das Risiko einer weltweiten Pandemie sogar um 69 Prozent verringern.
Festhalten lässt sich also: Sowohl Behörden als auch die Bevölkerung müssen vorbereitet und informiert sein. Panik hilft nicht weiter, einfache Hygienemaßnahmen wie Händewaschen und die richtige Niesetikette dagegen schon.
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Wie gut der ÖGD auf eine Coronavirus-Pandemie vorbereitet ist