Amyloidablagerung

Demenz kündigt sich Jahrzehnte im Voraus an

Amyloidablagerungen im Gehirn zeigen sich neuen Erkenntnissen zufolge schon zwei bis drei Dekaden vor der Entwicklung einer Demenz - das eröffnet der Prävention ganz neue Möglichkeiten.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Neuronen und Amyloid Plaques.

Neuronen und Amyloid Plaques.

© Juan Gärtner / fotolia.com

MAASTRICHT. Amyloidablagerungen im Gehirn beginnen offenbar schon zwei bis drei Dekaden vor der Entwicklung einer Demenz. Das bietet reichlich Zeit für eine präventive Intervention, wie niederländische Neurologen aus den Ergebnissen ihrer Metaanalyse schließen (JAMA 2015; 313(19): 1924-1938).

Für ihre Metaanalyse nutzten die Ärzte die Daten und Befunde von mehr als 7000 Patienten aus insgesamt 55 Studien. 2914 Studienteilnehmer dieser Biomarkerstudien hatten eine normale Kognition, 697 die Selbstwahrnehmung einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (SCI, Subjective Cognitive Impairment) und 3972 eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI, Mild Cognitive Impairment).

Teilnehmer zwischen 18 und 100 Jahren

Die Teilnehmer waren zwischen 18 und 100 Jahre alt. Ziel der Metaanalyse war die Abschätzung der Prävalenz einer Amyloidpathologie, bestimmt mithilfe der Positronenemissionstomografie und der Amyloid-beta1-42--Mengen im Liquor.

Die Biomarker wurden in Beziehung gesetzt zu Alter, Geschlecht, Bildung und APOE-Genotyp.

Wie die Ärzte berichten, nahm die Amyloidprävalenz bei Teilnehmern mit normaler Kognition im Alter zwischen 50 und 90 Jahren von 10 auf 44 Prozent zu. Bei SCI-Teilnehmern stieg sie von 12 auf 43 Prozent und bei Patienten mit MCI von 27 auf 71 Prozent.

Bei Teilnehmern, die APOE-e4-Träger waren, war die Prävalenz im Vergleich zu Teilnehmern ohne dieses genetische Merkmal um das Zwei- bis Dreifache erhöht. Unterschiede in der Amyloidpathologie zwischen Männern und Frauen wurden nicht entdeckt.

Aus der Metaanalyse geht auch hervor, dass im Alter von 90 Jahren etwa 40 Prozent derjenigen Teilnehmer mit normalen Kognitionsfähigkeiten, die den APOE-e4-Genotyp nicht hatten, aber mehr als 80 Prozent derjenigen mit diesem Marker amyloidpositiv waren.

Und: Bei MCI-Patienten lag die Prävalenz des Amyloidnachweises 20 bis 30 Prozent höher als bei Studienteilnehmern mit normaler Kognition oder SCI. Das stützt die These, dass MCI ein Risikofaktor für eine Demenz vom Alzheimertyp ist.

Bildungsniveau spielt eine Rolle

Überraschenderweise war in der Metaanalyse ein hoher Bildungsgrad mit einer höheren Prävalenz des Amyloidnachweises assoziiert als ein niedriger Bildungsgrad. Dies steht im Widerspruch zu der Beobachtung, dass ein hoher Bildungsgrad mit einem geringeren Risiko für eine Demenz vom Alzheimertyp assoziiert ist.

Die niederländischen Wissenschaftler erklären sich das damit, dass bei diesen Menschen noch eine Kognitionsreserve existiert, die dafür sorgt, dass eine Demenz erst bei einer höheren Amyloidbelastung entsteht als bei Menschen mit einem niedrigeren Bildungsgrad.

Aus den Daten geht schließlich hervor, dass zwischen den ersten Zeichen der Amyloidablagerung und der Entstehung einer Demenz vom Alzheimertyp 20 bis 30 Jahre liegen können. Allerdings könne nur mit Langzeitstudien das exakte Intervall geklärt werden, da nicht alle Menschen, bei denen es zu Amyloidablagerungen kommt, auch eine Demenz entwickeln.

Einschränkend weisen die Ärzte darauf hin, dass möglicherweise Verzerrungen der Studienergebnisse aufgetreten sind, die darauf beruhen, dass die Studienteilnehmer ohne kognitive Beeinträchtigungen aus der Allgemeinbevölkerung via Anzeigen für die Studien geworben worden waren, MCI- und SCI-Teilnehmer dagegen aus dem klinischen Umfeld stammten.

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