Diätberatung
Dicke Empfehlungen werden besser befolgt
Übergewichtige Patienten nehmen Abnehm-Tipps von Ärzten besser an, wenn diese selbst fülliger sind. Das zeigt eine aktuelle Studie aus den USA.
Veröffentlicht:BALTIMORE. Welches Vertrauen haben Patienten zu ihrem Arzt ganz allgemein und welches Vertrauen setzen sie in dessen Fähigkeiten, andere beim Abspecken zu unterstützen?
Das haben Forscher um Dr. Sara N. Bleich von der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore in einer Längsschnittstudie getestet.
Untersucht wurde dabei, wie Betroffene die Unterstützung der Beratung zur Gewichtskontrolle allgemein bewerten sowie die Ernährungsberatung und die Anleitung zu sportlicher Aktivität (Preventive Medicine 2013; online 4. Juli).
Dazu wurden 600 übergewichtige Teilnehmer (BMI ab 25 kg/m2) via Internet befragt. Alle hatten im Vorjahr mindestens einmal eine Hausarztpraxis aufgesucht.
Das allgemeine Vertrauen der Teilnehmer für ihre Ärzte war insgesamt hoch, unabhängig vom BMI des Doktors: Schlanke, übergewichtige und adipöse Ärzte erhielten Bewertungen von 8,6, 8,3 und 8,2 auf einer Zehn-Punkte-Skala (dabei steht die Zahl 10 für "vollstes Vertrauen").
Je mehr Pfunde, desto größeres Vertrauen
Deutliche Unterschiede gab es dagegen beim Vertrauen in die ärztliche Diätberatung: Je mehr Pfunde die Doktoren auf die Waage brachten, desto besser schnitten sie hier in den Augen ihrer Patienten ab.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Patient in dieser Hinsicht seinem Arzt vertraute, lag bei 87 Prozent bzw. 82 Prozent für übergewichtige bzw. adipöse Ärzte, aber nur bei 77 Prozent für Ärzte ohne Gewichtsprobleme.
Bei den ärztlichen Ratschlägen zu Bewegung und Gewichtskontrolle stieg das Vertrauen der Patienten im Trend ebenfalls mit dem ärztlichen BMI, die Unterschiede waren hier jedoch nicht signifikant.
Oft Scham im Spiel
Vor allem stark übergewichtige Patienten scheuen aus Scham oder Angst vor negativen Reaktionen häufig den Arztbesuch. Nach Bleich und Kollegen ist das offenbar nicht ganz unbegründet.
So hätten frühere Studien gezeigt, dass adipöse Patienten vom Arzt schlechter behandelt würden, dieser weniger Zeit für sie aufwende und bestimmte Untersuchungen weniger bereitwillig durchführe.
Überraschend ist vor diesem Hintergrund, dass in Bleichs Studie die Patienten vor allem dann ein ungutes Gefühl beim Arzt beschlich, wenn dieser selbst unter extremem Übergewicht litt.
Von ärztlicher Empathie konnte hier oft nicht die Rede sein: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten sich durch den Arzt stigmatisiert fühlten, lag bei adipösen Ärzten bei 32 Prozent, bei normal- oder nur leicht übergewichtigen Ärzten dagegen nur bei 14 und 17 Prozent.
Dies hänge möglicherweise damit zusammen, dass ein stark übergewichtiger Arzt selbst oft negative Erfahrungen gemacht habe und seine Erlebnisse auf die Patienten übertrage, spekulieren die Forscher.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kompetenz ist nicht alles