Kommentar zur dualen Plättchenhemmung
Einheitsregel gibt es nicht
Soll die duale Plättchenhemmung nach Implantation eines Drug-eluting Stents auf sechs Monate beschränkt oder auf 30 Monate ausgedehnt werden? Die Antwort lautet: Ja. Das mag paradox klingen, trifft aber den Punkt.
Denn beide Optionen lassen sich inzwischen mit wissenschaftlichen Daten gut begründen. Es kommt nur darauf an, richtig zu entscheiden, welche Behandlungsdauer für welchen Patienten jeweils die angemessene ist. Und das ist schwierig genug.
Wer sich aus Gründen der Sicherheit für die kürzere Behandlung entscheidet, liegt nicht falsch. Das verdeutlichte Professor Gilles Montalescot als offizieller Kommentator bei seiner Würdigung der neuen Studiendaten.
Der Pariser Kardiologe präsentierte eine aktualisierte Metaanalyse von Daten aus sieben Studien (einschließlich ISAR-SAFE und ITALICS), in denen eine drei- oder sechsmonatige Behandlungsdauer mit einer 12-monatigen oder längeren Behandlung verglichen worden war.
Jede dieser Studien war zu klein, um daraus definitive Schlussfolgerungen ziehen zu können. In der Summe kommen sie aber auf die stattliche Zahl von 15.870 Teilnehmern.
Auf dieser Basis lässt sich mit einiger Sicherheit konstatieren, dass die kürzere Behandlung mit einer signifikanten Reduktion des Blutungsrisikos assoziiert ist, ohne dass eine Zunahme von Herzinfarkten in Kauf zu nehmen ist.
Individuelle Entscheidung nötig
Vor allem in Europa geht der Weg eher in Richtung Verkürzung der Behandlungsdauer.
Durch DAPT ist jetzt aber deutlich geworden, dass auch die Verlängerung der Behandlung Vorteile haben kann.
Wer als Arzt die Notwendigkeit sieht, einen Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko mit einer längeren dualen Plättchenhemmung besser vor ischämischen Ereignissen (nicht nur Stentthrombosen) schützen zu müssen, darf sich nun auf DAPT berufen.
Spätestens mit dieser Studie ist klar geworden, dass auf eine allgemeingültige Einheitsregel für die Dauer der dualen Plättchenhemmung nicht zu hoffen ist.
Die Entscheidung darüber sollte individuell in Abhängigkeit vom Ischämie- und Blutungsrisiko des einzelnen Patienten getroffen werden.
DAPT hat die Therapie nach Stent-Implantation nicht einfacher gemacht. Im Gegenteil.
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