Glioblastome

Elektrische Impulse verlangsamen Tumor-Wachstum

Schnell wechselnde elektrische Felder - ergänzend zur Chemotherapie - verbessern offenbar den Therapieerfolg bei Patienten mit Hirntumoren, wie Studienergebnisse aus Zürich zeigen.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Glioblastom: In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen belegen, dass TTF das Wachstum verlangsamt.

Glioblastom: In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen belegen, dass TTF das Wachstum verlangsamt.

© Arteria Photography

ZÜRICH. Ermutigende Zwischenergebnisse der nunmehr zweiten prospektiven, randomisierten Phase-III-Studie mithilfe von Tumortherapiefeldern (TTF) gegen Glioblastome sind vor Kurzem während der Jahrestagung der US-Gesellschaft für Neuroonkologie in Miami von Professor Roger Stupp, Leiter der Klinik für Onkologie der Universität Zürich, vorgestellt worden.

Es handelt sich dabei um die internationale EF-14-Studie, die nun vorzeitig beendet worden ist, sodass auch Patienten mit einem Glioblastoma multiforme, die bisher nur Temozolomid erhalten haben, mit dem TTF-Gerät behandelt werden können.

Wirksamkeit in Studie belegt

An der Studie nahmen 700 Patienten teil. Erste Ergebnisse von 315 Patienten liegen jetzt vor, bei denen der Tumor erstmals diagnostiziert worden war und die nach Biopsie oder Operation sowie einer Bestrahlung plus Temozolomidbehandlung entweder mit Temozolomid plus TTF weiter therapiert wurden (210 Patienten) oder nur das Standardchemotherapeutikum erhielten.

Das schnell wechselnde Feld wurde über vier auf der regelmäßig rasierten Kopfhaut mit einer Art Badekappe fixierten Elektroden angelegt. Primärer Endpunkt der Studie war das progressionsfreie Überleben, sekundärer Endpunkt das Gesamtüberleben.

Die Ergebnisse wurden nach einem Follow-up von mindestens 18 und maximal 60 Monaten ermittelt.

Wie es in einer Mitteilung der Universitätsklinik Zürich heißt, lebten den Zwischenergebnissen zufolge zwei Jahre nach der Diagnose des Glioblastoms noch 43 Prozent der Patienten mit zusätzlicher TTF-Therapie, aber nur 29 Prozent in der Kontrollgruppe, in der nur die Chemotherapie verabreicht wurde.

"In der Studie wurde die Wirksamkeit eines neuartigen Therapieprinzips belegt", wird Professor Michael Weller, Leiter der Klinik für Neurologie der Universitätsklinik Zürich und derzeit Präsident der Europäischen Gesellschaft für Neuroonkologie, in der Mitteilung zitiert.

Das mediane progressionsfreie Überleben lag Stupps Angaben zufolge in der TTF-Gruppe bei 7,1 Monaten, in der Vergleichsgruppe bei 4,0 Monaten (Hazard Ratio, HR: 0,63). Beim sekundären Studienendpunkt Gesamtüberleben stellte sich ebenfalls für die TTF-Gruppe ein Vorteil heraus (19,6 versus 16,6 Monate; HR: 0,75).

Die TTF-Behandlung wurde in der Studie mit dem System NovoTTF-100A (in den USA: OptuneTM) von dem US-Unternehmen Novocure vorgenommen. Das tragbare Gerät wiegt etwa drei Kilogramm und ist für den dauerhaften Gebrauch entwickelt worden.

Durch das schwache, wechselnde elektrische Feld werden physische Kräfte auf elektrisch geladene Zellkomponenten ausgeübt, die der Mitose entgegenwirken. In der Folge sterben die Krebszellen durch Apoptose. In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen haben belegt, dass das System das Tumorwachstum verlangsamt.

Nur experimentell-klinische Prüfung

Die CE-Gerätezulassung in Europa gilt für Patienten mit einem - nach chirurgischem Eingriff, Strahlentherapie und Behandlung mit Temozolomid - histologisch bestätigten rezidivierten Glioblastom, die mindestens 18 Jahre alt sind. Empfohlen wird nach Angaben des Unternehmens, die Therapie mindestens vier Wochen nach dem letzten chirurgischen Eingriff und der letzten Strahlen- oder Chemotherapie" einzuleiten.

Der bis Ende 2017 gültigen deutschen Gliomleitlinie vom März 2014 zufolge sollten neue Ansätze der Gliomtherapie "wie apparativ-interventionelle Therapien mit alternierenden elektrischen Feldern (Novo-TTF)" nur im Zusammenhang mit einer experimentell-klinischen Prüfung angewendet werden.

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