Gefährliche Alltagssituation

Finger weg von Nase und Mund beim Niesen!

Hatschi! Einen Nieser zu unterdrücken ist keine gute Idee. Britische Ärzte erlebten jetzt einen Fall, bei dem sie den Patienten danach eine Woche künstlich ernähren mussten.

Veröffentlicht:
Ein Nieser im Anflug: Lass ihn raus! Sonst drohen im schlimmsten Fall gar lebensgefährliche Folgen.

Ein Nieser im Anflug: Lass ihn raus! Sonst drohen im schlimmsten Fall gar lebensgefährliche Folgen.

© Knut W. / Fotolia

LEICESTER. Raus damit: Wer einen Nieser herannahen fühlt, sollte ihn auch frei herauslassen. Versucht man, den Nieser zu bremsen, indem man gleichzeitig die Nasenflügel zukneift und den Mund geschlossen hält, riskiert man erhebliche Verletzungen. Darauf weisen britische Ärzte hin.

Einer ihrer Patienten musste nach so einem Nies-Unfall eine Woche künstlich ernährt und mit Antibiotika behandelt werden. Durch den aufgestauten Druck habe er sich einen Riss in der Rachenmuskulatur zugezogen und eine Schwellung im Halsbereich, berichten sie im Fachblatt "BMJ Case Reports". Der Patient zeigte keinen Anzeichen einer Verletzung der Bronchien oder eines Stridors.

Starke Schluckbeschwerden

Der 34-Jährige war mit starken Schmerzen beim Schlucken und ausgeprägten Sprechbeschwerden in das Krankenhaus Leicester gekommen. Er berichtete von einem platzenden Gefühl in seinem Nacken sowie einer Schwellung, die unmittelbar aufgetreten waren, nachdem er versucht hatte, einem kräftigen Nieser durch das Zuhalten von Mund und Nase Einhalt zu gebieten.

Bei der Untersuchung hörten die Ärzte ein knirschendes, knisterndes Geräusch vom Nacken bis hinunter zum Brustkorb. Dies deutete auf Lufteinschlüsse im Gewebe hin – eine Vermutung, die eine anschließende Computertomographie bestätigte.

Um eine Infektion und eine Verschlimmerung der Beschwerden zu verhindern, wurde der Patient stationär aufgenommen, über eine Nasensonde ernährt und prophylaktisch mit Antibiotika behandelt.

Gefahr eines platzenden Trommelfels

Zu einem Riss im Rachenbereich kommt es sehr selten, schreiben die Ärzte in ihrem Aufsatz. Meist seien kräftiges Husten oder Würgen die Ursache. Bei ihrem Patient sei die Sache glimpflich ausgegangen, sein Trommelfell hätte platzen können oder sogar ein Blutgefäß im Gehirn. Nach sieben Tagen wurde der Mann mit dem Hinweis entlassen, künftig nie mehr Nase und Mund beim Niesen zu verschließen.

In einer Nachuntersuchung nach acht Wochen zeigt der Mann keine Beschwerden mehr, auch gab es keine weiteren Komplikationen.

Das sei ein sehr ungewöhnlicher Fall, sagt Michael Deeg, HNO-Arzt in Freiburg und Pressesprecher des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte. In seiner eigenen Praxis seien ihm vergleichbar schwere Verletzungen noch nicht begegnet.

Zu geplatzten Äderchen im Auge oder Irritationen durch Überdehnungen des Gewebes käme es infolge eines unterdrückten Niesers aber durchaus gelegentlich.

"Beim Niesen oder auch Husten wird ein ganz erheblicher Druck aufgebaut. Die Luftgeschwindigkeit kann in etwa Orkanstärke erreichen, da wirken ordentliche Kräfte." Es sei ganz ungesund zu versuchen, diesen Reiz zu unterdrücken. Das könne im Extremfall zu schweren Verletzungen wie dem in Großbritannien führen. (ajo/dpa)

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 16.01.201819:57 Uhr

Mein Beitrag dazu auf DER SPIEGEL online

DER SPIEGEL online berichtete dazu irreführend unter dem Titel
"Seltener Unfall - Eine Woche Krankenhaus, weil Mann beim Niesen die Nase zuhielt | Darf man sich beim Niesen die Nase zuhalten? Darüber wird mitunter leidenschaftlich gestritten. Ein Mann in Großbritannien hat nun schlechte Erfahrungen gemacht."
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/grossbritannien-nase-zugehalten-beim-niesen-eine-woche-krankenhaus-a-1187473.html

Mein Kommentar dazu:
"Am Schluss Ihres Reports wird es wieder richtig gestellt. Der Patient hatte sich beide Nasenlöcher u n d den Mund kräftig zugehalten und zugekniffen, um sein explosionsartiges Niesen völlig zu unterdrücken.
Das wird in: "Snap, crackle and pop: when sneezing leads to crackling in the neck"
BMJ Case Reports 2018; doi:10.1136/bcr-2016-218906
im British Medical Journal (BMJ) als Ursache einer seltenen Spontanperforation des Sinus piriformis [im hinteren Rachenring] nach einem kräftigen Niesen beschrieben.
Dieser Pathomechanismus führte keinesfalls zu Verletzungen in der Nase und ihren Nebenhöhlen, sondern zu einem verletzungsbedingten Rachen-Emphysem [Eindringen von Luft] mit Spontanperforation in die subcutanen Halsweichteile und zu Luft im Mediastinum [Weichteile des Brustkorbs]: "a rare spontaneous perforation of the pyriform sinus after a forceful sneeze, leading to cervical subcutaneous emphysema and pneumomediastinum".

Die Frage ist also nicht "Darf man sich beim Niesen die Nase zuhalten? Darüber wird mitunter leidenschaftlich gestritten. Ein Mann in Großbritannien hat nun schlechte Erfahrungen gemacht", sondern Nase zuhalten ist okay, so lange der Luftabstrom durch den Mund beim Niesen möglich bleibt.

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie lieber Ihren Hausarzt.

MfG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, Facharzt für Allgemeinmedizin, Dortmund" (Zitat Ende)

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