Große Analyse

Frühstücken hilft nicht beim Abnehmen

Wer abspecken möchte, soll gut frühstücken und dafür den Rest des Tages wenig essen – diese Empfehlung ist weitverbreitet. Jetzt offenbart eine große Analyse den gegenteiligen Effekt: Wer frühstückt, nimmt eher zu.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Die Empfehlungen, ob es für Abnehmwillige besser ist, wenn sie frühstücken oder nicht, sind sehr unterschiedlich – und viele sind auch fragwürdig.

Die Empfehlungen, ob es für Abnehmwillige besser ist, wenn sie frühstücken oder nicht, sind sehr unterschiedlich – und viele sind auch fragwürdig.

© Rafael Ben-Ari / stock.adobe.com

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Führt der Verzicht auf das Frühstück zu einer Kalorienüberkompensation im Laufe des Tages?

Antwort: Daten von 13 randomisierten Studien sprechen für das Gegenteil: Wer das Frühstück auslässt, nimmt im Tagesverlauf weniger Kalorien zu sich und speckt eher ab.

Bedeutung: Viele Ernährungsempfehlungen zum Frühstücken sind fragwürdig.

Einschränkung: Die Aussagen basieren auf sehr heterogenen Studien.

MELBOURNE. Eigentlich klingt es logisch: Wer eine Mahlzeit am Tag auslässt, hat bessere Chancen abzunehmen als jemand, der dreimal täglich in Versuchung geführt wird, mehr als nötig zu essen.

Dennoch raten viele Ernährungsgesellschaften davon ab, auf das Frühstück zu verzichten. Es wird angenommen, dass das Sättigungsgefühl im Laufe des Tages nachlässt, eine morgendliche Mahlzeit also eher satt macht als dieselbe Kalorienzahl mittags oder abends. Frühstücken sollte danach dazu beitragen, die tägliche Kalorienaufnahme in Grenzen zu halten.

Unterstützt wird diese Annahme durch einige Kohortenstudien, wonach Menschen mit Frühstück seltener übergewichtig sind. Allerdings unterscheiden sich Menschen mit und ohne Frühstück möglicherweise auch in anderen Merkmalen deutlich, oder Dicke verzichten eher auf das Frühstück, weil sie dick sind und abnehmen wollen. All das kann die Ergebnisse verzerren.

Studien aus den vergangenen 28 Jahren ausgewertet

Schaut man sich hingegen die wenigen randomisierten Interventionsstudien zu diesem Thema an, ergibt sich ein anderes Bild: Verzichten Probanden auf das Frühstück, nehmen sie im Tagesverlauf deutlich weniger Kalorien zu sich und verlieren eher an Gewicht, berichten Epidemiologen und Präventionsmediziner um Katherine Sievert von der Universität in Melbourne, Australien.

Die Forscher haben sich sämtliche randomisierten Studien aus den vergangenen 28 Jahren angeschaut, in denen eine Ernährungsintervention mit und ohne Frühstück bei Erwachsenen verglichen wurde. In den Studien wurden zudem Gewichtsveränderungen und/oder die tägliche Kalorienaufnahme erfasst (BMJ 2019;364:l42).

Kein Frühstück – 260 Kalorien weniger

Die Forscher fanden insgesamt 13 Studien, sieben davon mit 486 Teilnehmern hatten Gewichtsveränderungen bestimmt, zehn Studien mit 930 Teilnehmern die Kalorienaufnahme. Fünf der Studien hatten explizit Übergewichtige und Adipöse aufgenommen, die übrigen interessierten sich nicht für den BMI.

Sechs Studien hatten das Frühstück unter Laborbedingungen überwacht, die übrigen verließen sich auf Fragebogenangaben. Auch bei der Dauer waren die Untersuchungen sehr heterogen: Manche beurteilten die Kalorienaufnahme lediglich über 24 Stunden hinweg, andere bestimmten Gewichtsveränderungen im Laufe von vier Monaten.

Gewichtsabnahme in Gruppe ohne Frühstück

Die Studien mit Gewichtsbestimmung dauerten im Schnitt sieben Wochen. In dieser Zeit kam es in den Gruppen, die auf das Frühstück verzichteten, zu einer kleinen, aber signifikanten Gewichtsreduktion von knapp einem halben Kilo verglichen mit den Frühstücksgruppen. Dieser Effekt war über die Studien hinweg relativ stabil und sowohl in Untersuchungen mit ausschließlich Übergewichtigen und Adipösen als auch in solchen ohne BMI-Beschränkungen zu sehen.

Dazu passt, dass Teilnehmer ohne Frühstück über den gesamten Tag hinweg im Schnitt deutlich weniger Kalorien aufnahmen – und zwar im Mittel 260 Kalorien weniger als solche mit Frühstück. Auch hier war der Ausgangs-BMI unerheblich.

Ohne Kalorienreduktion klappt Abnehmen nicht

Letztlich, so Sievert und Mitarbeiter, scheinen die meisten Personen den Verzicht auf das Frühstück im Tagesverlauf nicht komplett zu kompensieren. Sie sehen daher keine Rechtfertigung für Behauptungen und Ernährungsempfehlungen, wonach ein gutes Frühstück das Abnehmen erleichtert und der Verzicht auf das Frühstück Übergewicht begünstigen soll. Vielmehr könnte genau das Gegenteil der Fall sein.

Letztlich scheint es egal zu sein, auf welche Mahlzeit jemand verzichtet, der abnehmen will. Nur ohne Verzicht und Kalorienrestriktion dürfte es kaum klappen. Insofern überraschen Empfehlungen wie die der British Dietetic Association: „Das Frühstück auszulassen, hilft nicht beim Abnehmen. Dies könnte dazu führen, dass Sie tagsüber mehr Snacks zu sich nehmen, weil sie hungrig sind.“

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Kommentare
Albrecht Ihrig 07.02.201916:39 Uhr

Frühstücken hilft nicht beim Abnehmen

Es geht doch nicht um die Frage Frühstück ja oder nein ist besser beim Abnehmen.
Entscheidend ist ausschließlich und allein die Zusammensetzung der Mahlzeit Frühstück. Genügend (20-30g) Protein und weniger Kohlenhydrate z.B. im Frühstück reduzieren die Schwankungen im Insulinspiegel. Ich denke das muss hier keinem mehr erklärt werden. Weglassen vom Frühstück führt zur kurzfristigen Unterzuckerung spätestens wenn man dann am Arbeitsplatz sitzt. Wie wird das schnell behoben ?
Unbestrittene Aussage im Artikel: "Wer Abnehmen will muss Kalorien reduzieren." Ich würde noch hinzufügen: ... und sich angepasst mehr bewegen.

Sabine Bischoff 07.02.201916:19 Uhr

Frühstücken hilft nicht beim abnehmen

Mir geht es nach einem Frühstück gar nicht gut! ich werde müde und fühle mich nicht wohl..egal was ich essen. Nehme ich aber die erste Mahlzeit am Tag etwa 10h bis 10:30 zu mir ist alles okay! Die Mähr "frühstücken wie ein König! hat bei mir noch nie gestimmt.

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