Antibiotika und Co.
Gefährliche Arzneirückstände im Wasser
Antibiotika, Hormone, Schmerzmittel, Antidepressiva, Antihypertensiva - die Abbauprodukte landen im Wasser. Damit gefährden sie nicht nur die Umwelt, sondern auch den menschlichen Organismus.
Veröffentlicht:OSNABRÜCK. In mehr als 70 Ländern der Welt wurden im Abwasser, Oberflächen- und Grundwasser über 500 verschiedene Arzneimittel und deren Abbauprodukte gefunden.
Die Einträge stammen sowohl aus der Human- als auch aus der Tiermedizin, meldet die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) in einer Mitteilung.
Unter den Medikamentenrückständen seien abgesehen von Antibiotika auch Hormone, Schmerzmittel, Antidepressiva und blutdrucksenkende Mittel.
Man müsse vorsorgend tätig werden, um die hohe Qualität des Trinkwassers zu erhalten und in Oberflächengewässern negative Auswirkungen auf die darin lebenden Tiere und Pflanzen zu vermeiden.
Drastische Verringerung nötig
Es gehe daher um die entscheidende Frage: Wie kann der Eintrag von Arzneimittelrückständen in Oberflächen- und Grundwasser drastisch verringert werden?
Experten betrachten das Problem der Arzneimittelrückstände aus unterschiedlichen Blickwinkeln und suchen entlang des gesamten logistischen Weges der Medikamente nach Lösungen, um die möglichen Risiken zu verringern.
Die Optionen reichen von der Menge und Form der eingenommenen Substanzen über eine möglichst umweltfreundliche und leichter abbaubare Zusammensetzung bis hin zu den technischen und rechtlichen Möglichkeiten einer vierten Reinigungsstufe für Kläranlagen.
Denn trotz großer technischer Fortschritte bleiben immer noch Arzneimittelwirkstoffe im gereinigten Abwasser zurück. Von dort gelangen sie in Bäche, Flüsse, Seen und teilweise auch ins Grundwasser, heißt es in der DBU-Mitteilung.
Fortpflanzung ist beeinträchtigt
Außerdem bestünden noch große Wissenslücken, wie genau die Wirkstoffe vor allem langfristig in der Umwelt und auf den menschlichen Organismus wirken.
Von dem Psychopharmakon Oxazepam oder dem Kontrazeptivum Ethinylestradiol zum Beispiel wisse man bereits, dass sie das Verhalten von Fischen beeinflussen oder deren Fortpflanzung beeinträchtigen.
Daher könne man nicht ausschließen, dass diese Mikroschadstoffe langfristig auch ein Problem für das Trinkwasser und damit für Menschen werden.
Experten aus Abwasserwirtschaft, Human- und Veterinärmedizin, Mikrobiologie, Rechtswissenschaft sowie Politik diskutieren auch Möglichkeiten, das Risiko durch Rücknahmesysteme für nicht verwendete Arzneimittel zu verringern.
Veränderungen der Infektions- und Krankenhaushygiene sind Ansatzpunkte, um das Problem der Antibiotikaresistenzen in den Griff zu bekommen.
Weiterhin müsse die Forschung zu abbaubaren Wirkstoffen intensiviert werden, so die DBU. Auch Ärzte, Verbraucher und die Intensivtierhaltung könnten einen Beitrag leisten.
Eine Perspektive bietet zudem eine gesetzliche Verankerung von Schutzbestimmungen im Arzneimittelgesetz und Wasserschutzrecht. (eb)
Am 4. Februar 2015 veranstaltet die DBU eine Fachtagung zum Thema Arzneimittelrückstände, Titel "Sanfte Medizin für sauberes Wasser". Infos unter www.dbu.de