Robert Koch-Institut
Hohe Sterberate bei Diabetikern deutet auf Versorgungsmängel
BERLIN. Menschen mit Typ-2-Diabetes in Deutschland haben im Vergleich zur Normalbevölkerung ein fast doppelt so hohes Sterberisiko. Das hat zumindest die Analyse von Daten aus den Jahren 1998 bis 2010 ergeben, die Forscher des Robert Koch-Instituts und des Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) in Düsseldorf jetzt vorgelegt haben (BMJ Open Diabet Res & Care 2017; 5: e0004519.
Für die Studie sind Daten von 6550 Teilnehmern des Bundes-Gesundheitssurvey 1998 (BGS98) ausgewertet worden. Von den 6550 erwachsenen Teilnehmern hatten zu Studien-Beginn 330 einen diagnostizierten und 245 einen bis dahin unbekannten Typ-2-Diabetes (HbA1c = 6,5 Prozent). Die Überlebenszeit der Erwachsenen wurde dabei durchschnittlich zwölf Jahre weiter beobachtet. Ergebnis: Binnen zwölf Jahren starben 176 Diabetiker und 425 Nicht-Diabetiker.
Im Vergleich zu Erwachsenen ohne Diabetes war in diesem Zeitraum die Sterberate der Typ-2-Diabetiker um den Faktor 1,8 erhöht. Mit zunehmendem Alter glich sich die Sterberate von Typ-2-Diabetikern an die Rate der Nicht-Diabetikern an. Besonders ungünstig war dabei das Verhältnis bei 45- bis 55-jährigen Männern, und zwar besonders dann, wenn der Diabetes bis zum BGS98-Start unerkannt war und erstmals auf Basis von Labordaten zu Beginn des Survey auffiel.
"Die Ergebnisse der Studie weisen darauf hin, dass auch in Deutschland noch viel Bedarf zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes vorhanden ist", betont das RKI in einer Mitteilung zu der Studie. Zu den wichtigsten Zielkriterien für eine gute Versorgung von Typ-2-Diabetikern zählt nämlich eine ähnlich hohe Lebenserwartung wie die von Nicht-Diabetikern zu erreichen.
Weil die Übersterblichkeit bei betroffenen Männern im jüngeren und mittleren Lebensalter besonders hoch, sind diese eine wichtige Zielgruppe zum Beispiel für Früherkennungsmaßnahmen. Sie nutzten wahrscheinlich existierende Angebote wie den Check-up 35 weniger als Frauen, so das RKI. Auch gibt es bestimmte Angebote, die sich nur an Frauen richten wie das Screening auf Schwangerschaftsdiabetes.
Zudem muss die Entwicklung der Diabetes-Sterberaten weiter untersucht werden, so das RKI. Basis für die Zeitreihen sind die bevölkerungsbezogenen Daten des bundesweiten RKI-Gesundheitsmonitorings und der GKV. In der amtlichen Todesursachenstatistik wird Diabetes nämlich als Ursache meist nicht aufgeführt. Mit der RKI-Surveillance wird sich künftig zeigen lassen, ob die Übersterblichkeit bei Typ-2-Diabetes zurückgeht. In anderen Ländern wie USA, Kanada, Dänemark, Schweden und Großbritannien konnte dies bereits gezeigt werden.