Integrative Medizin

Homöopathie-Wende in Deutschland?

Patienten öffnen sich immer mehr für die Integration der Homöopathie in die Versorgung im Sinne einer integrativen Medizin, so der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Mehr als jeder zweite Patient in Deutschland hat offenbar bereits Erfahrungen mit Globuli zur Krankheitsbehandlung gemacht.

Mehr als jeder zweite Patient in Deutschland hat offenbar bereits Erfahrungen mit Globuli zur Krankheitsbehandlung gemacht.

© micha / stock.adobe.com

BERLIN. Homöopathisch tätige Ärzte sind davon überzeugt, dass die Homöopathie eine nützliche und hilfreiche Ressource im gegenwärtigen deutschen Gesundheitssystem darstellt.

„In Zeiten, in denen Ökonomisierung, Zeitverdichtung, Polymedikation und zunehmende Antibiotikaresistenz zu großen Herausforderungen werden, ist die Homöopathie insbesondere für viele chronisch kranke Patienten eine Hilfe“, postuliert Cornelia Bajic, 1. Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“.

Mit Blick auf eine noch unveröffentlichte, repräsentative Forsa-Umfrage, die dem DZVhÄ vorliege, prognostiziert sie seitens der Patienten eine stärkere Nachfrage nach der Einbindung der Homöopathie in den medizinischen Behandlungsalltag. Die Patienten seien somit offen für eine Medizinwende – und damit für den Ansatz der integrativen Medizin.

„51 Prozent der Deutschen stimmen laut Umfrage der Meinung zu, dass die steigende Nachfrage nach Homöopathie eine Wende in der Medizin einleitet hin zu einer integrativen Medizin, also dem Miteinander von Schul- und Naturmedizin“, sagt Bajic. Nur 28 Prozent stimmten dieser Auffassung nicht zu, 21 Prozent trauten sich keine Einschätzung zu („weiß nicht“).

Wie die Befragung weiter ergebe, hätten im Jahr 2010 erst 43 Prozent der Deutschen Erfahrungen mit der Homöopathie gemacht – heute seien es bereits 53 Prozent.

Dieses Ergebnis ist nahezu deckungsgleich mit dem einer im Sommer veröffentlichten, repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar TNS zum Thema Homöopathie und komplementäre Medizin im Auftrag des Homöopathika-Herstellers DHU.

"Bürger wollen Medizinwende"

Wie die Umfrage ergab, haben bereits 56 Prozent der Deutschen Erfahrung mit Homöopathie sowie homöopathischen Arzneimitteln und nutzen sie vor allem bei Alltagsbeschwerden für sich oder andere. „Die Bürger wollen neben einer Energie- und Agrar- auch eine Medizinwende in Deutschland“, so Bajic.

Die Homöopathie sei, wie Bajic betont, narrativ basiert, Empathie spiele eine wichtige Rolle, und die medikamentöse Therapie sei unter Zuhilfenahme sorgsam ausgewählter homöopathischer Arzneimittel auf das notwendigste Minimum reduziert.

Die Patienten in Deutschland scheinen mit ihrer Einstellung zu homöopathischen Mitteln weitgehend unbeeindruckt von der großen Homöopathie-Debatte zu sein, die der Münsteraner Kreis in seinem im Februar 2018 veröffentlichten „Münsteraner Memorandum Homöopathie“ losgetreten hatte.

Darin wollten die Gegner einer zunehmenden Globulisierung der Medizin um die Münsteraner Medizinethikerin Professor Bettina Schöne-Seifert die Bundesärztekammer und die Vertreter der Landesärztekammern argumentativ munitionieren für den 121. Deutschen Ärztetag im Mai in Erfurt, um die Zusatzbezeichnung Homöopathie abzuschaffen. Im Mittelpunkt stand die Streitfrage um die Evidenz homöopathischer Mittel.

Das Ärztetagsvotum fiel nicht im Sinne des Münsteraner Kreises aus, die Zusatzbezeichnung, die rund 7000 Ärzte in Deutschland tragen, hat Bestand. Bajic begrüßt das Votum ausdrücklich und weist auf die Evidenzlage aus Sicht des DZVhÄ hin.

"Klinische Forschung im Bereich Homöopathie unterfinanziert"

„Die evidenzbasierte Medizin basiert auf drei Säulen: auf der klinischen Erfahrung der Ärzte, auf den Werten und Wünschen des Patienten und auf dem aktuellen Stand der klinischen Forschung. Zu jeder dieser Säulen hat die ärztliche Homöopathie Studiendaten und Evidenz zum therapeutischen Nutzen vorzuweisen“, sagt Bajic.

Wie sie ergänzt, verstünden homöopathisch tätige Ärzte auch die Kritik zur spezifischen Wirksamkeit (efficacy) homöopathischer Hochpotenzen. Allerdings lägen auch hierzu zahlreiche positive Daten vor, die nicht außer Acht gelassen werden sollten.

Einziges Manko: „Da die klinische Forschung im Bereich Homöopathie ein unterfinanziertes Feld ist und keine öffentlichen Fördermittel für neue Studien zur Verfügung stehen, wurden bislang nur wenige hochwertige Studien durchgeführt oder wiederholt – das bedeutet, dass das Risiko für Bias in den meisten randomisierten Studien hoch ist“, weist Bajic auf eine essenzielle Problemlage hin.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Chance für integrative Medizin

Kommentare
Thomas Fuchs 07.01.201913:23 Uhr

Schamanismus

Ich sehe das wie die beiden vorherigen Kommentare! Homöopathie ist schon lange genug erforscht, zu viel Geld und Zeit ist hier schon verschwendet worden. Ab damit in die Geschichtsbücher.

So viel ist sicher:

- Homöopathie wirkt nicht besser als Plazebo.
- Geld dafür ist in anderen Bereichen besser aufgehoben, z.B. auch in der sprechenden Medizin.
- Homöopathie ist keine Naturheilkunde. Es werden keine Wirkstoffe wie z.B. in der Phytotherapie verabreicht, sonderen reiner Haushaltszucker für >500 € pro Kg.
- Die theoretische Basis der Homöopathie widerspricht jedewedem physikalischem und logischem Grundverständnis. Das ist auch durch Forschung ausreichend belegt.

Für mehr Informationen bietet das Informationsnetzwerk Homöopathie ausreichenden fundierten Lesestoff:
https://www.netzwerk-homoeopathie.eu/

Claus F. Dieterle 07.01.201913:22 Uhr

Homöopathie auch für Christen?


Häufig kommt es vor, dass Christen die Homöopathie ablehnen, weil sie unqualifizierte sekundäre Literatur lesen, statt primäre Quellen zu studieren. Hilfreich ist dabei die Dissertation von Jörg Große-Onnebrink: Der Gottesbegriff bei Samuel Hahnemann. Hahnemann bezeichnet Gott als Weltschöpfer, Schöpfer der Menschen, Schöpfer des Guten, gütiger Vater im Himmel usw. Hahnemann war davon überzeugt, dass Gott ihm die Einsicht für seine Homöopathie verlieh, er bezeichnete die Homöopathie als die große Gabe Gottes. Übrigens: In der Rezension eines Buches über Kindererziehung hält Hahnemann es für enorm wichtig, die Jugend auf die wahre Bestimmung des Menschen...die Annäherung an die Gottheit kräftig und innig aufmerksam zu machen und hinzuleiten. Auch der Dissertation entnommen.

Die Doktorarbeit ist auch als Buch erhältlich, zumindest antiquarisch oder über die Fernleihe einer Bücherei.

Siegfried Hauswirth 07.01.201913:01 Uhr

Sinnlose Umfrage einer Interessengruppe!

JEDER Patient will ein Medikament, das ihm hilft und kein wirkungsloses Scheinmedikament ! Wenn die Umfrage ergeben hat, dass Patienten Homöopathie wollen, basiert das doch darauf, dass sie auf die gut gemachte Werbung der Homöopathiebranche reingefallen sind. Insofern ist die Umfrage sinnlos !

Monika Königstein 07.01.201912:35 Uhr

An Überheblichkeit gerade nicht mehr zu überbieben? (Kommentare)

Zu den vorherigen Kommentaren: Es ist anzunehmen, das Herr Heller und Frau Grundwald nicht stimmberechtigt sind für den Rest der Ärzteschaft, aber wenn deren beiden Meinungen für alle sprechen, sollten Patienten sich am besten schnellmöglichst wegducken und Fersengeld geben.

Herr Heller, es ist schon grenzwertig, die Menschen in unserem Land aufzuteilen in die, die Ihnen das Wasser reichen können und bei 2+2 auf glatte 4 kommen und solche, die beides nicht so gut können. Bei so viel "Empathie" für Menschen anderer Meinung, Interessen und Bildung will man in beiden Fällen lieber nicht zu Ihrem Patientenkreis zählen. Leider hat man i.d.R. nicht die Wahl und keine Chance, dem Arzt hinter die Stirn zu blicken.

Und Sie, Frau Grunwald, sind wohl einfach die falsche Ärztin für Patienten, die gerne homöopathisch statt chemisch behandelt werden möchten. Wie wäre es mit einem Schild an der Tür: "In Sachen Homöopathie lehne ich es ab, Patienten für dumm zu verkaufen, auch wenn sie das gerne, warum ich immer, hätten." Mit anderen Worten: "Ich ignoriere Sie und eventuelle Wünsch nach Homöopathie komplett, aber kommen Sie gerne trotzdem rein."

_________

Zum Artikel: Ich fände gut, wenn der Wunsch nach homöopathischer Behandlung respektiert würde. Schließlich ist auch zu respektieren, wenn ein Patient sich GEGEN eine Behandlung entscheidet. In letzteren Fällen wird mit Patientenrechten argumentiert. Warum ist das in Sachen Homöopathie scheinbar so gänzlich anders?

Dr.med. Elisabeth Grunwald 07.01.201909:36 Uhr

Stimme Kollege Heller zu

Wir brauchen keine „ Medizin“ wie vor 200 Jahren.
Laßt uns Energie und Geld nicht für unsinnigen Hokudpokus ausgeben, sonder die moderne Medizin optimieren.
Bei dem rasanten Fortschritt z.Zt., gerade in der Onkologie und Reproduktionsmedizin haben wir wissenschaftlich und auch ethisch genug zu tun.
Da brauchen wir keine absurden, rückwäertsgewandten Methoden die außer Geld zu kosten, nicht mehr als Placebos bewirken.
Lehne es ab, Patienten für dumm zu verkaufen, auch wenn sie das gerne, warum ich immer, hätten.

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