Vorstoß

Debatte um Karenztag: FDP will Krankenstand mittels Boni senken

In der Diskussion um die Wiedereinführung eines Karenztages bei Krankheit wirbt FDP-Fraktionsvize Kuhle für ein Anreizmodell in Gestalt von Boni für jeden Monat ohne Krankmeldung. Auch die Grünen melden sich zu Wort.

Veröffentlicht: | aktualisiert:
Blick in das Wartezimmer einer Arztpraxis.

Boni für jeden Monat ohne Krankschreibung. Das plant die FDP in einem Positionspapier. Die Grünen scheinen jedoch skeptisch.

© Catherine Yeulet / Getty Images / iStock

Berlin. Die Debatte um die Wiedereinführung eines Karenztages bei Krankheit gerät zu einem ersten handfesten Wahlkampfthema. Am Mittwoch schaltete sich die FDP-Bundestagsfraktion mit einem Positionspapier dazu ein.

In dem Papier, das aus der Feder von Fraktionsvize Konstantin Kuhle stammt und der Ärzte Zeitung vorliegt, wird ein Anreizmodell in Form von Boni für jeden Monat ohne Krankmeldung vorgeschlagen. Zuvor hatte Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte dafür plädiert, den Karenztag wieder einzuführen und die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag zu streichen.

Kuhle erklärte, in der Diskussion um Krankschreibungen dürfe man Beschäftigten nicht pauschal Antriebslosigkeit oder gar Faulheit unterstellen. „Klar ist auch: Wer wirklich krank ist, bleibt am besten zu Hause.“

Anreizmodelle besser als Lohnkürzungen

Unabhängig vom Einzelfall sei der Krankenstand in Deutschland aber zu hoch, so Kuhle. „Die volkswirtschaftlichen Kosten sind gerade im internationalen Vergleich nicht mehr tragbar.“ Wolle man den Trend umkehren, seien Anreizmodelle besser geeignet als Lohnkürzungen in Betracht zu ziehen.

Konkret schlägt Kuhle vor, dass, wer sich über einen bestimmten Zeitraum nicht krank meldet, im Jahr darauf einen Bonus erhält. „Vorzugswürdig gegenüber einer de facto Bestrafung einer Krankmeldung erscheinen positive Anreize für Nichtkrankmeldungen“, heißt es in dem Papier.

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Kuhle nennt folgendes Beispiel: „Ein mittelständisches Unternehmen entscheidet sich für ein solches Bonussystem und legt den möglichen monatlichen Bonus auf 250 EUR fest. Im Beispiel gewährt der Staat eine Steuer- und Abgabenfreiheit bis zu einem Maximalbetrag von 3000 EUR pro Kalenderjahr. Ein Arbeitnehmer dieses Unternehmens würde so über ein Kalenderjahr, in dem keine Krankmeldung erfolgt, 12 x 250 EUR = 3000 EUR an Boni erreichen, die ihm im Folgejahr steuer- und abgabenfrei zusätzlich ausbezahlt würden.“

Müssten sich Arbeitnehmer kurzfristig um Familienangehörige kümmern oder fielen „andere dringende Verpflichtungen“ an, könne darauf flexibel mit Gleit- oder Verfügungstagen reagiert werden, ohne dass der Bonus verloren gehe.

AOK warnt vor verkürzter Debatte

Die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Dr. Carola Reimann, warnte derweil von einer verkürzten „Blaumacher-Debatte“. Dies werde dem Thema nicht gerecht, sagte Reimann am Mittwoch.

Das größte Gut von Unternehmen seien gesunde und motivierte Mitarbeiter. Der Ausbau der betrieblichen Gesundheitsförderung und eine wertschätzende Kultur in den Betrieben trage zu sinkenden Fehlzeiten bei.

Reimanns Stellvertreter Jens Martin Hoyer warnte davor, über die Karenztage-Debatte den Fokus zu verlieren. Der Vorschlag, den ersten Krankheitstag nicht mehr zu vergüten, bedeute de facto eine Lohnkürzung. Er trage somit keinen Lösungsbeitrag zur Diskussion über die Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung bei.

Eine Absage an Karenztage im Krankheitsfall erteilte auch die Grünen-Fraktion. Die Debatte sei nicht nur „alt und verstaubt, sondern auch unmenschlich“, sagte Beate Müller-Gemmeke, Mitglied im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales. Sie sprach von einem „Angriff auf die Gesundheit der Menschen“.

Karenztage schafften keine Einsparungen, sie förderten nur den sogenannten Präsentismus, so die Grünen-Politikerin. Menschen bräuchten keine Anreize, krank zur Arbeit zu kommen, sondern ein System, „das ihre Gesundheit schützt und sie unterstützt, wieder fit zu werden“. (hom/af)

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Kommentare
Herr Pohl 08.01.202518:12 Uhr

Bei einer Lohnkürzung würde der bzw die Arbeitnehmer/in die Auswirkungen auf den Betrieb auch mal in Zahlen sehen.
Sicherlich wäre es auch ein neues Ffld für Versicherungen

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