Erektile Dysfunktion
Impotent durch Pornos? Junge Männer glauben das
Junge Männer mit Potenzproblemen führen diese häufig auf einen übermäßigen Pornokonsum und exzessive Masturbation zurück. Ein Arzt wird hingegen selten konsultiert, legt die Auswertung einer Social-News-Plattform nahe.
Veröffentlicht:Los Angeles. Die Hemmschwelle für junge Männer, einen Facharzt aufzusuchen, wenn es mit der Potenz nicht klappt, ist recht hoch. Vor allem wenn die Potenzprobleme psychogen bedingt sind, was meist der Fall sein dürfte, suchen die Betroffenen eher nach Hilfe in sozialen Netzwerken, geben Urologen um Tommy Jiang von der UCLA zu bedenken. Immerhin lassen sich deren Aktivitäten dort gut beobachten.
Um besser zu verstehen, was junge Männer mit erektiler Dysfunktion (ED) umtreibt, wie sie ihre Probleme schildern und was sie für die Ursachen halten, haben die Ärzte die Social-News-Plattform Reddit nach relevanten Posts durchstöbert. Solche werden in einem speziellen Forum zu erektiler Dysfunktion gebündelt.
Das Team um Jiang hat das Forum mithilfe einer Spracherkennungssoftware durchkämmt und in 329 Posts sowie rund 1700 Antworten nach den am häufigsten verwendeten Begriffen geschaut (Urology. 2020; online 11. Mai).
100 der Posts und der dazugehörigen Antworten wurden zufällig ausgewählt und noch einmal im Detail manuell studiert. Wie die maschinelle Auswertung ergab, drehten sich die Posts vor allem um Themen wie sexuelle Aktivität, Masturbation, Therapien, Hypogonadismus sowie partnerbezogene Faktoren.
In den Antworten dominierten Lebensstilinterventionen, Pornografie, sexuelle Ängste sowie PDE-5-Hemmer.
Deutlicher Einfluss auf die Beziehung
Da die meisten Autoren sich selbst kurz vorstellten – über die Hälfte nannte das Alter –, konnten die Forscher in der Detailanalyse auch einige demografische Angaben abgreifen. So waren die Männer im Schnitt 26 Jahre alt (24 Jahre im Median), 84 Prozent sprachen von einer eigenen ED.
Ein Großteil äußerte sich zu den Ursachen der ED. Knapp die Hälfte (48 Prozent) ging von einem psychischen Grund aus, etwas mehr als jeder Fünfte nannte exzessiven Pornokonsum oder übermäßige Masturbation, jeweils jeder Zehnte gab einer endokrinen oder anatomischen Störung die Schuld. Nur etwa fünf Prozent vermuteten Medikamentennebenwirkungen, ein Drittel sprach nicht über die Ursachen.
In 38 Prozent der Posts erwähnten die Männer Depressionssymptome – sie fühlten sich deprimiert oder kreisten um negative Gedanken. Ähnlich viele sprachen über Ängste, beim Sex zu versagen, und ein Drittel nannte einen negativen Einfluss ihrer ED auf die Beziehung. Zwei Prozent spielten gar mit dem Gedanken, sich selbst zu verletzen oder zu töten.
Die therapeutischen Diskussionen drehten sich vor allem um PDE-5-Hemmer (26 Prozent), Pornoabstinenz und Masturbationsverzicht (22 Prozent), OTC-Supplemente (20 Prozent), nur selten um andere Therapien (sechs Prozent).
Keine Evidenz, dass Pornokonsum ED begünstigt
Etwas mehr als ein Fünftel (27 Prozent) gab an, schon einmal mit einem Arzt über das Problem gesprochen zu haben. Für die Urologen um Jiang ist das ein viel zu geringer Anteil. Es sei bedenklich, wenn sich junge Männer mit ED lieber zweifelhafter Informationsquellen bedienten als professionelle Hilfe zu suchen. So werde eine zugrunde liegende psychische oder körperliche Störung oft nicht erkannt.
Für interessant halten sie den Zusammenhang von Pornokonsum und ED. Bislang gebe es keine überzeugende Evidenz, dass Pornos eine ED begünstigten, es könne aber sein, dass der leichte Zugang zu harten Pornos übers Internet Erwartungen wecke, die sich in der Realität kaum erfüllen ließen. Verzerrte Annahmen und Erwartungen zur Sexualität könnten wiederum eine ED befördern.